Transparenz/Diaphania (6) Röntgen und die X-Strahlen

„Bei so manchem würde man sich heute größere Transparenz wünschen, aber die X-Rays für politischen Filz sind leider noch nicht erfunden worden.“  So schrieb ich im November 2021 in einem Beitrag zu Wortmanns ABC-Projekt, Buchstabe X.

Der Würzburger Physik-Professor Wilhelm Conrad Röntgen entdeckte die Strahlung am 8. November 1895 zufällig (eigentlich war er ganz anderen Phänomenen auf der Spur). Er schlug den Namen X-Strahlen vor, und in den meisten Sprachen heißen sie weiterhin so (X-Ray, Rayon X, Raggi X). Auf Griechisch heißen sie ganz anschaulich ακτινογραφίες, also Strahlungszeichnungen.

Eine Sendung des Deutschlandsfunks von Irene Meichsner vom 28.12.2015 trägt den Titel

Röntgen-Strahlen. Der Entdecker der Transparenz bleibt ein Rätsel

Seltsame Strahlen hatte er gefunden, mit denen sich Materie durchleuchten ließ. Damit revolutionierte er die Medizin.

Ich zitiere aus dem o.a. Artikel:

 „Wie die gewöhnlichen Lichtstrahlen durch Glas gehen, so gehen die neu entdeckten Strahlen durch Holz- und auch Weichteile des menschlichen Körpers. Am überraschendsten ist die Abbildung von einer menschlichen Hand. Das Bild enthält die Knochen der Hand, um deren Finger die Ringe frei zu schweben scheinen.“

Hier ein Foto des zerbissenen Vorderbeins von Hund Tito.

Selbstverständlich kenne auch ich nun Teile meines Innenlebens in Form solcher Bilder, die man gegen das Licht halten muss, um sie zu lesen. Es ist und bleibt ein merkwürdiges Gefühl zu sehen, wie das umhüllende Fleisch zu einem Schatten wird und das Gerippe, das einst von mir übrig bleiben wird, in kalter Präzision erscheint. Und ich frage mich:

Ist das, was da zum Vorschein kommt, das Wesentliche? Nein, natürlich nicht, ist meine Antwort. Es ist das tragende Gerüst, das nach dem Tod am längsten Bestand hat, aber das Ganze des Lebens ist es eben nicht. Es ist der toteste Teil.

Röntgen selbst scheint mit seiner bahnbrechenden Entdeckung nicht besonders glücklich gewesen zu sein. Sie war ihm womöglich unheimlich. Jedenfalls lese ich in dem o.a. Artikel:

Am 28. Dezember 1895 brachte Röntgen einen vorläufigen Bericht mit dem Titel „Ueber eine neue Art von Strahlen“ in die Setzerei, um ihn am Neujahrstag an knapp hundert Kollegen in ganz Europa zu verschicken. Röntgen wurde als „Wohltäter der Menschheit“ gefeiert. Allenthalben begannen Ärzte, ihre Patienten zu durchleuchten – während sich Röntgen in Schweigen hüllte. Nur einen Vortrag hat er im Januar 1896 in Würzburg noch gehalten, danach lehnte er alle öffentlichen Auftritte ab. Röntgen äußerte sich auch nicht, als die ersten Berichte über Strahlenschäden kursierten. Als ihm 1901 der erste Physiknobelpreis zuerkannt wurde, weigerte er sich, eine Dankesrede zu halten. So blieb Röntgen, der 1923 in München im Alter von 77 Jahren starb, vielen ein Rätsel.
„Nie hat er über die Geschichte oder die Hintergründe seiner Entdeckung berichtet. Aufzeichnungen und Laborbücher, die es mit Sicherheit gegeben hat, hat er zusammen mit vielen Briefen und anderem Material im Alter verbrannt oder nach seinem Tode von den Testamentsvollstreckern verbrennen lassen.“
 

Vielleicht hatte Röntgen aber auch nur ethische Grundsätze, die er gegen die Profiteure  der neuen Entdeckung verteidigen wollte.  So lese ich hier, dass Röntgen ein Angebot der AEG zur wirtschaftlichen Nutzung höflich ablehnte. „Er begründete seine Entscheidung damit, dass er der Meinung war, seine Erfindungen und Entdeckungen sollten der Allgemeinheit gehören und nicht durch Patente oder Lizenzverträge einzelnen Unternehmen vorbehalten bleiben. Röntgen verzichtete bewusst auf finanzielle Vorteile aus seiner Erfindung, um seiner Überzeugung treu zu bleiben, dass wissenschaftliche Entdeckungen der Gesellschaft als Ganzes zugutekommen sollten. Diese Haltung spiegelt die damalige Tradition deutscher Professoren wider, die ihre Forschungsergebnisse oft der Allgemeinheit widmeten, anstatt sie kommerziell zu nutzen.“

Als ich das las, konnte ich es kaum glauben. So viel Ethik? Und doch:

„Das deutsche Patentgesetz spiegelt die Überzeugung wider, dass medizinische Behandlungen nicht kommerzialisiert werden sollten. Aus Gründen der sozialen Ethik und der Gesundheitspolitik ist es nicht gestattet, Patente für Verfahren in den Bereichen Chirurgie, Therapie und Diagnostik zu erteilen. Dies stellt sicher, dass Ärzte in ihrer Entscheidung für medizinische Behandlungsmethoden unabhängig bleiben, um immer im besten Interesse ihrer Patienten handeln zu können….“ (ebd)

Wenn ich diese Einstellung mit der heutigen, zB im Falle der sog. Impfstoffe gegen Covid vergleiche, kann ich nur sagen: Wissenschaftlich ging es seit Röntgen aufwärts, ethisch aber steil bergab, denn Patentierung, Vermarktung und Intrasparenz der Verwendung nahmen rapide zu. Medizinische Forschung ist heute zum großen Business geworden, und wir Menschen wurden zu Laborratten im Namen des Profits.

 

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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11 Responses to Transparenz/Diaphania (6) Röntgen und die X-Strahlen

  1. Avatar von alphachamber alphachamber sagt:

    Nicht nur das, die auf den Eid des Hippokrates eingeschworenen Götter in Weiss und an den Labortischen, erdreisten sich sogar künstlich erschaffene tödliche Viren zu patentieren (Corona Virus patentiert von Pfizer und an die Bill und Melinda Gates Stiftung überschrieben).
    Jünger des Hippokrates = ‚hypocrites‘?

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  2. Avatar von derdilettant derdilettant sagt:

    Immerhin profitiere ich als Laborratte ganz persönlich vom medizinischen Fortschritt.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Fein, gut für dich, lieber Herr Dilettant. Ich hingegen profitiere von den letzten Refugien freier Behandlungswahl.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Wenn du tun willst, was du tun musst, ist ja alles ok

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      • Avatar von derdilettant derdilettant sagt:

        Ich hab mich noch nie so frei von Zwängen gefühlt wie heutzutage. Ganz zu schweigen von den (staatlichen) Zwängen, denen meine Eltern und die Generationen davor ausgesetzt waren.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Ja, lieber Herr Dilettant, die staatlichen Zwänge waren früher viel schlimmer. Es waren schreckliche Katastrophen und große Anstrengungen nötig, um eine menschlichere Gesellschaftsordnung zu schaffen. Doch wie gewonnen, so zerronnen, wenn wir, als Einzelne und als Gesellschaft, die Spielräume nicht verteidigen. Die Erfahrungen während der „Pandemie“ haben mich schwer geschockt. Ich würde sie nicht länger erwähnen, wenn ich glaubte, es habe sich um ein einmaliges Vorkommnis und eine Überreaktion aus Angst gehandelt. Mein Eindruck ist, dass sie ein neues Muster der Staatskontrolle über den Bürger anzeigen. Mag sein, dass ich Gespenster sehe, ich schließe das nicht aus. Aber ich bin sehr wachsam und verfolge die Entwicklungen.

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  3. Versuchs*kaninchen* sind wir doch alle, mehr oder weniger, liebe Gerda.
    Chemie hilft und Chemie zerstört – Seit meinem Zusammenbruch im November 2020 mit Klinikaufenthalt muß ich mit einigen Medikamenten leben und ich lebe ganz gut damit. So schaut es von außen aus. Wie mein Körper wirklich damit zurechtkommt, sagt er mir nicht. Er schweigt sich aus, läßt sich mit Chemie helfen und dankt es mir mit mehr Leben. Also keine Transparenz…

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Hauptsache, es hilft dir. Ich habe nichts gegen die medizinische Forschung und auch nichts dagegen, dass man sich mit Chemie helfen lässt. Meine Vorbehalte richten sich gegen die Konzentration auf den Profit und gegen die Drangsalierung von Menschen, die sich nicht auf die ´vorgesehene Weise „helfen“ lassen wollen. Ich wähle gern selbst meine Ärzte, meine Medikamente, meine Impfungen, die Art mich zu ernähren, zu wärmen, fortzubewegen usw usf. Damit bin ich bisher sehr gut gefahren. Sehr schlecht bin ich gefahren, als ich den staatlichen Auflagen folgen musste. Da fühlte ich mich bedroht und an meiner Entwicklung behindert. Das begann schon, als ich 19 war…
      Beraten lasse ich mich gern von kompetenten Menschen, die ich selbst um Rat frage. Staatliche Bevormundung lehne ich ab. Da fehlt mir jedes Vertrauen in die guten Absichten und auch in die Kompetenz.

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