Die Rubrik „Aquarelle, Feder- und Pinselzeichnungen“ hat eine Untergruppe „Miniaturen“ erhalten. Ich nannte sie damals „Suchbilder“, denn ich malte sie eigentlich nicht, sondern suchte sie in größeren Bildern auf, die ich zu diesem Zweck malte, und schnitt sie heraus.
Dabei stellte ich fest, dass die kleinen Bildausschnitte mehr Welt abbilden als das ins Auge gefasste Motiv. Das Motiv (zB blaue Iris) ist ja nur ein winziger Ausschnitt aus der Wirklichkeit, die jenseits des Motivs unendlich weitergeht. Das Blau für sich aber dehnt sich ins Unendliche.
Dieser winzige Bildausschnitt gibt eine ganze Welt wieder: Himmel und Meer, Wolken und Strand oder was auch immer du darin sehen magst.
Tatsächlich ist dieses Bild noch kleiner als es auf dem Bildschirm erscheint. Es ist fürs unbewaffnete Auge nicht viel mehr als ein graues Pulsieren.
Ich habe diese kleinen Bilder aufwendig mit großen Passepartouts rahmen lassen. Je kleiner das Bild, desto größer das Passepartout. Sehr große Bilder brauchen überhaupt keins.
Für den Zweck dieser Präsentation habe ich die Rahmen und Passepartouts weggeschnitten. Dadurch verliert sich der Anhalt für das Auge, die Größe korrekt abzuschätzen. Solche Täuschungen sind im Zeitalter der digitalen Bilder gang und gäbe. Grad heute sah ich digital erstellte Thumbnails (Daumennägel), die in jeder gewünschten Größe reproduziert werden können. Reale Bilder haben ein reales Format, das bei der fotografischen Wiedergabe verloren geht. Du kannst nicht wissen, ob das folgende Bild 1×3 m oder 1×3 cm groß ist. (Es ist ungefähr 4×12 cm)
Den vollen Genuss hast du von diesen Bildern bei einer mäßigen Vergrößerung.
Dann wird die leichte wässrige Einfärbung des Papiers zum fernen Gebirge, zum tauenden Schnee- und Geröllfeld.
oder auch zu einer heroischen Landschaft, über der ein neuer Morgen aufgeht.
Der Sinn des Satzes, dass Mikrokosmos und Makrokosmos nach denselben Gesetzen gebildet sind, wird so für mich im Bild anschaulich.





















Das ist alles noch ziemlich neu und ungewöhnlich für mich. Das Apuarell der dunkelblauen Iris ist traumhaft schön. Das hast Du doch nicht etwas zerschnitten?
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Nein Gisela, die Iris hab ich nicht zerschnitten. 😊
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Ein Glück!
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🙂
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Ich sah filonov vor etwa 30 jahren in einer Ausstellung. Dessen Bilder waren etwa 2 x 3 m.
Auf jedem Quadratzentimeter war ungemeine Komplexität zu sehen, unmöglich das in einem katalog zu zeigen.
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Vielen Dank für diesen Hinweis, Gerhard. Filonov geht in die Mikrostrukur und baut daraus Makrowelten. Das ist ein gegenläufiger Ansatz, der in eine Zeit fällt, als man gerade dabei war, die Mikrostrukturen wahrzunehmen. Ein erstaunliches Werk.
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Das „Spiel“ mit der Größe bringt neue Anblicke und neue Gedanken hervor. Das ist doch eine wahre Bereicherung.
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Danke, Joachim. Dies Thema beschäftigt mich sehr, zumal ja bei den heutigen Übertragungsmitteln die Größe jederzeit verändert bzw überhaupt zum Verschwinden gebracht werden kann, während sie im ursprünglichen Malvorgang wichtigste Voraussetzung ist. Wir Heutigen, die Kunst vor allem digital betrachten, haben eine vollkommen verzerrte Wahrnehmung. Eine Vorstufe war die elektrische Ausleuchtung von Bildern, die bei Kerzenlicht oder bei Tageslicht gemalt wurden. Es folgte die Fotografie, die Benjamin zu seinem großen Essay über die Kunst im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit anregte. Die weitere Veränderung durch die elektronische Übermittlung ist mir eine philosophisch-ästhetische Rätselfrage, die ich in ihrer ganzen Breite und Tiefe noch nicht erfassen kann.
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Das sehe ich auch so. Und über die damit verbundenen Konsequenzen beginnt man sich offenbar inzwischen Gedanken zu machen. Das ging mir angesichts einer Kunstausstellung auf, die kürzlich im Wallraf-Richartz-Museum in Köln eröffnet wurde unter dem Titel „Papier trägt Kunst“. Da werden u. A. Vergrößerungen von Bildern gezeigt, die man mit bloßem Auge gar nicht sehen könnte. Die Tatsache, dass das Gegenstand einer Ausstellung ist, zeigt, dass auch diesem neuen Blick auf die Kunstwerke Aufmerksamkeit geschenkt wird. Er geht noch ein Stück über die Manipulationen am Bildschirm hinaus.
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Danke, Joachim! Ich freu mich, dass ich mit meinen Gedanken nicht allein bin, sondern sich schon Größere und Wichtigere des Themas angenommen haben 😉 . Übrigens hat mein Neffe Vasilis Botoulas, dessen künstlerische Arbeiten ich hier schon manchmal vorstellte, zu manchen seiner Bilder eine Lupe gehängt, damit man überhaupt sehen kann, wie sie entstanden sind, nämlich durch akribisch mit dem Zahnstocher gesetzte Punkte. (https://gerdakazakou.com/2016/05/26/ein-junger-kuenstler-stellt-aus-vasilis-botoulas/ und https://gerdakazakou.com/2022/10/17/da-draussen-im-umkreis-kunst-zum-sonntag/
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Manche Ausschnitte laden zum Verweilen ein, feine Landschaften, in denen ich spaziergehen kann.
Herzliche Grüße an dich, Ulli
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Danke, liebe Ulli! Von Herzen, Gerda
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Na dann mal los und die Augen bewaffnet! (LACH!!!)
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