Tagebuch der Lustbarkeiten: „Homecoming“ im Kykladischen Museum

Eine kleine Sonderausstellung im Athener Museum für kykladische Kunst habe ich gestern auch besucht. Gezeigt werden 15 Antiquitäten, die zur US-Sammlung von Leonard Stern gehören und bisher nicht öffentlich zugänglich waren. Die Sammlung enthält insgesamt 161 Objekte, die demnächst vollständig im Metropolitan Museum in NY gezeigt werden.

Spät, aber immerhin sollen sie dann auch allmählich in ihr Herkunftsland zurückkehren….

Es handelt sich um Kunstwerke aus Marmor, Speckstein und Ton, die zwischen  5300 und 2300 v. Chr. auf den kykladischen Inseln hergestellt wurden.

Und da stehe ich nun vor einem solchen Fundstück und fühle das irgendwie Falsche des wissenschaftlich-archäologischen Zugangs, der uns über Daten, Typen-Entwicklung, Materialien, Fundstätten belehrt, der uns auch erlaubt, die Figurinen bei heller künstlicher Beleuchtung zu studieren und wie hier auch in der Schattenform das Typische deutlich zu erkennen….

aber es zieht mir doch das Herz zusammen, diese einst heilig gehaltenen Idole so nackt den Beschauern und ihren Kameras ausgesetzt zu sehen.

Wie fröstelnd schweben sie, aufgehängt an Halterungen aus Plexiglas, unter dem Kunstlicht und vor den technisch zwar einwandfreien aber uninspirierten Trennwänden und Vorhängen. Ein bisschen wie aufgespießte Schmetterlinge in Naturkundemuseen….

Versuchsweise stelle ich mich hinter eine der marmornen Figuren und schaue über ihre Schulter auf die Besucher, die sorgfältig die Daten lesen und sich, so wie ich selbst, ein Bild über diese nach langer Abwesenheit für ein paar Wochen in ein Museum des Heimatlandes zurückgekehrten Gottheiten machen wollen. Ich versuche mich in ihre Seelenlage hineinzuversetzen…

oder auch in die der Freundin, die ihren professionellen Fotografenblick über die Ausstellungsstücke gleiten lässt, während ich ihren Schatten bemerke, der sich im Glaskasten eines Violin-förmigen Idols abzeichnet. 

Zum krönenden Abschluss dieses Ausflugs gönnen wir uns im Museums-Cafe einen Imbiss, griechischen Kaffee und ein orientalisch anmutendes Creme-Törtchen, das fast zu hübsch zum essen ist.

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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7 Antworten zu Tagebuch der Lustbarkeiten: „Homecoming“ im Kykladischen Museum

  1. federfluesterin schreibt:

    Da sprichst Du etwas an, das sich wohl durch die gesamte Menschheitsgeschichte zieht.

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  2. federfluesterin schreibt:

    Mit religiöser Bedeutung versehene Objekte, die in einer anderen religiösen

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  3. federfluesterin schreibt:

    Ja, heute klappt es nicht mit dem Schreiben. Noch ein Versuch: als Steinbruch genutzte, ehemalige armenischen Kirchen in der Türkei, als Disco gebrauchte, ehemalige Moschee auf Kreta, als Baumaterialien von späteren Indianern genutzte, ehemalige Hügelheiligtümer früherer nordamerikanischer Indianer, kleine Buddhastatuen als Zahlungsmittel im Handel der Wickinger etc, etc.
    Entscheidend ist, das göttliche Prinzip, das symbolhaft mit einer Figur dargestellt und als Symbol gewissermaßen in der Dimension von Zeit und Raum „eingefangen“ wird, geht weder mit dieser Figur unter, noch verliert es irgendetwas, wenn der Mensch dieses Symbol nicht mehr erkennt.

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  4. Myriade schreibt:

    Kuratoren von Ausstellungen haben eben oft ganz eigene Vorstellungen, die nicht unbedingt die Vorstellungen der Besucher treffen

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  5. Nach dieser schiwr unendlichen Zeit fremden Blicken ausgesetzt, zur Schau gestellt, als wäre es nie etwas Großes und Heiliges gewesen…

    Irgenwie falsch, liebe Gerda. Das sehe ich auch so und möchte mich vor iesem Gefühl gerne verneigen.

    Ich bin schon nicht in die Körperwelten gegangen, weil ich es nicht ertragen hätte, diese ebenfalls zur Schau gestellten menschlichen *Objekte* zu sehn….

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