Tagebuch der Lustbarkeiten: Im Atelier faulenzen und sinnieren

Es ist immer noch so heiß, dass das klügste ist, sich mittags ins Atelier zu verziehen, um nichts zu tun. Das Atelier liegt im Untergeschoss, hat eine Fenster-Tür-Front nach Norden und ansonsten nur winzige Fensteröffnungen, denn das Haus ist an einem Hang gebaut. Hier ist es deutlich kühler als im Haus. Außerdem bin ich gern hier, die Duftmischung aus Farben und Staub mag ich sehr. Wenn ich sie in der Nase habe, bilde ich mir immer ein, dass ich gleich, jedenfalls morgen oder übermorgen malen werde.

Ich lege mich auf die schwarze Ledercouch mit den geschwungenen Lehnen, die wir mal bei einem griechischen Trödler erstanden. Der hatte sich auf bayrische Secondhand-Möbel spezialisiert. Von ihm haben wir auch ein rundes Holzschränkchen mit vielen Schubfächern, das einem Kanonenofen nachgebildet ist, und einen Holzschrank in Form eines altmodischen Herdes, auf dem unser TV steht.

(Pardon, Abschweifung).

Vor mir in Reichweite steht mein Drehstuhl mit Kaffeebecher, Wasserflasche, Büchlein, Ladekabel fürs Telefon. Ich schaue in den Raum und mache ein Foto mit Weitwinkel. Da ist dann alles drauf, was in meinem Blickwinkel liegt, und der große Raum sieht riesig aus. Der blaue Flokati ist übrigens das „Feld“, auf dem sich beim Aufstellen die Dramen entfalten.

Die schwarze Ledercouch ist mit einem orange Tuch bedeckt, denn auf dem Leder kann man nicht liegen, da klebt man fest. Mein Blick streift die Bilder, die da herumstehen, meistens ältere Portraits. Die Menschen habe ich mal gekannt, habe sie gemalt,gezeichnet. An jeden erinnere ich mich, zu allen gibt es Geschichten zu erzählen.

Es gibt auch ein Fernrohr, das ich in Zeiten, als ich für meinen Roman „Schwanenwege“ den Himmel beobachten wollte, bei einer Sonderaktion von Lidl ergatterte. Leider blieb es beim Vorsatz. Ich fand niemanden, der mir das Ding justierte, und allein schaffte ich es nur, den Mond durchs Fernrohr zu finden.

Ich finde es übrigens gar nicht so schlimm, wenn manches, oder meinetwegen auch das meiste, Vorsatz bleibt. Vorsätze haben den Vorteil, nach vorne, zur Zukunft hin, offen zu sein. Was ich noch nicht getan habe, kann ich ja noch tun, vielleicht, irgendwann in diesem oder einem anderen Leben. So bleibt alles im Fluss, der dem großen Ozean zuströmt, während draußen vor der Tür die Hitze brüllt.

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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8 Responses to Tagebuch der Lustbarkeiten: Im Atelier faulenzen und sinnieren

  1. Avatar von Sonja Sonja sagt:

    „…diese Duftmischung aus Farben und Staub…“
    Oh ja!
    Danke für die Einblicke, liebe Gerda.

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  2. Vorsätze?!
    Mir selber zuhören vielleicht , um das gespiegelte besser zu beurteilen.

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  3. Avatar von alphachamber alphachamber sagt:

    Ihr Interior macht einen absolut gemuetlichen, stimulierenden und geborgenen Eindruck.
    Alles Beste

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  4. Avatar von Verwandlerin Verwandlerin sagt:

    Danke für diesen Einblick! Und das mit den Vorsätzen sehe ich genauso…

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  5. Avatar von finbarsgift finbarsgift sagt:

    wow, was für ein (traum)raum!

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  6. Es gibt Vorsätze, die müssen erstmal ruhen, bis sie zur Reife kommen können…

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  7. Avatar von Pega Mund Pega Mund sagt:

    „Ich finde es übrigens gar nicht so schlimm, wenn manches, oder meinetwegen auch das meiste, Vorsatz bleibt. Vorsätze haben den Vorteil, nach vorne, zur Zukunft hin, offen zu sein. Was ich noch nicht getan habe, kann ich ja noch tun, vielleicht, irgendwann in diesem oder einem anderen Leben. So bleibt alles im Fluss, der dem großen Ozean zuströmt, während draußen vor der Tür die Hitze brüllt.“

    danke hierfür, liebe gerda, das ist wunderbar zu lesen, tröstlich auch …
    herzliche grüße aus der ferne: pega

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