
Nun also ein dritter Anlauf, um zu verstehen, was ΕΛΕΥΘΕΡΙΑ (Freiheit) bedeutet oder einmal bedeutet hat – oder in Zukunft wieder bedeuten wird. Schauen wir zuerst einmal das Wort an: ΕΛ – ΕΥ – Θ.
EΛ = kommen. ΕΥ = gut, wohltuend, gesegnet. Θ = göttlich. Wer einmal in Griechenland war, kennt den Ruf Ela! (Komm!). EY (eu) kennst du auch, nämlich als Vorsilbe in Euphorie, Eukalyptus, Euthanasia, Eucharistie etc.. Es bedeutet Gutes, Angenehmes, Schönes, Heilsames. Θ als Zeichen für „Gott, göttlich“ habe ich bei A wie Anthropos bereits eingeführt.
Das Kommen oder richtiger: die Erwartung eines heilsamen göttlichen Geschehens – das ist die etymologische Bedeutung von Eleutheria (Freiheit).
Uunübersehbar ist die Verwandtschaft des Wortes Ελευθερία mit dem Wort Ελεύσης (Eleusis) und den eleusischen Mysterien. Der Wortstamm ελευσώ oder ελευθώ (Erleichterung, Befreiung von Schmerz und Not und Tod) steckt aber auch in den Elysischen Feldern, dem Elysium (Paradies). Dorthin, zu den goldenen Inseln mit rosenduftenden Gärten ewigen Frühlings, werden die Helden entrückt, die es nicht verdient haben, im Schattenreich des Hades zu verkümmern.
Doch wo, wo ist dies Elysium? Wo sind die goldenen Inseln, auf denen nie Not herrscht?
Jenseits der bekannten Welt, jenseits des Horizonts, im Jenseits liegt das Paradies. Dort musst du es suchen, sagen die einen.
Das Elysium ist hier oder nirgends! Du wirst es nicht finden, außer du erschaffst es dir! sagen die anderen.
Die Pariser tauften ihre zentrale Prachtstraße Champs-Élysées – Elysische Felder. Das war im Jahre 1789, als das Volk von Paris die Bastille erstürmte – ein Ereignis, das den Ruf nach „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ in die Weltgeschichte einführte. Welch eine freudiges Gefühl der Befreiung, der Begeisterung breitete sich wie ein Lauffeuer durch Europa aus!

Eugene Delacroix, Die Freiheit führt das Volk, 1830
„Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium“ hatte vier Jahre zuvor der deutsche Freiheitsdichter Schiller gejubelt. Etliche freiheitsbewegte deutsche Komponisten versuchten sich an der Vertonung, darunter als bekannteste Friedrich Zelter (1792) und Franz Schubert (1815). Aber erst, als Ludwig van Beethoven das berauschende, berauschte Gedicht Schillers zur Schlusshymne seiner Neunten Sinfonie machte, fand es seine kongeniale Interpretation. Das war 1824. Der Terror der Robespierre-Herrschaft, die Napoleonischen Kriege und die Restauration hatten die schöne Blüte der Freiheitshoffnung in den Schlamm getreten, als Beethoven sein großes DENNOCH gegen Verzweiflung und Resignation setzte und das Lied an die Freude zur Hymne der Menschheit machte.
Der weitere Werdegang: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das „Lied an die Freude“ für kurze Zeit Ersatz-Nationalhymne der Westdeutschen, bis das Deutschlandlied ausreichend entnazifiziert war https://www.youtube.com/watch?v=pmNfQQ6paYg. Jedenfalls die dritte Strophe (Einigkeit und Recht und Freiheit) schien 1952 wieder singbar.
Als doppel-deutsche Hymne kam sie danach noch zweimal zu Ehren: die BRD- und die DDR-Mannschaft benutzten sie bei den Olympiaden 1956 und 1964. 1972 wurde sie zur Hymne des Europarats und 1985 zur Hymne der europäischen Union erkoren. https://www.youtube.com/watch?v=Bylj_hZPv-8
Zu Weihnachten 1989 wurde sie mit einem leicht veränderten Text im nun „befreiten“ Ost-Berlin gegeben: „Freiheit, schöner Götterfunken“. (Quelle: Wikipedia)
Freiheit, schöner Götterfunken…

Großer Sprung! Und da sind wir wieder im Hier und Jetzt bei der ΕΛΕΥΘΕΡΙΑ. Heute feiern wir ihren Namenstag. Ja, Eleftheria ist auch ein weiblicher Vorname, und ich habe eine liebe Freundin, die so heißt. Sie ist Agronomin (ihr seht sie auf dem ersten Foto unten) und die Seele des Gartenbau-Projektes für mental eingeschränkte Jugendliche, von dem ich euch unter dem Buchstaben D erzählte und das mir sehr am Herzen liegt. https://gerdakazakou.com/2016/12/12/alphabet-des-freien-denkens-%ce%b4-wie-%ce%b4%ce%bf%cf%85%ce%bb%ce%b5%ce%b9%ce%b1/. Zusammen mit vielen Menschen feierten wir heute die offizielle Eröffnung. Die Mönche des kleinen Klosters (von ihnen berichtete ich mehrfach) schickten einen schönen Kranz (ihr seht ihn oben am Stamm der Olive hängend). Die jungen AzuBis, ihre Eltern, Vereinsvorsitzende, die Initiatorinnen Waltraud und Eva, Unterstützer und Freunde – Deutsche, Griechen, Frauen, Männer – ja sogar der Bürgermeister von Kalamata versammelten sich beim großen Olivenbaum und schrieben gute Wünsche auf Karten, die sie an seine mächtigen Zweige hängten, aßen auch vom leckeren Büffet, das von fleißigen Helfern und von Spenden der Bläuels bestückt wurde. Freude und Genuss!
Wegen dieses freudigen Ereignisses bin ich, anstatt schnurstracks nach Eleusis zu gehen, heute bei den glückseligen Feldern unseres Gartenbauprojekts hängengeblieben. Ich werde einen vierten Anlauf brauchen, um mich dem inneren Kern des Begriffs ΕΛΕΥΘΕΡΙΑ (Freiheit) zu nähern. Morgen, hoffentlich, gehts über die ΙΕΡΑ ΟΔΟΣ, die Heilige Straße, ab nach Eleusis! Hoffentlich.






Danke Gerda, für die geschichtliche Erklärung! Mein Gedanke dazu war spontan, hoffentlich wiederholen
sich bei uns die bitteren Kämpfe um und für die Freiheit nicht mehr!
LG Babsi
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Sieht sehr verlockend aus ….
Was die Freiheit betrifft, so denke ich, dass sie zu jenen Begriffen gehört, die sich gerne allen Definitionen entziehen. Freiheit ist auch für jede Zeit und obendrein noch für jeden einzelnen Menschen etwas anderes. Der doch sehr nationalistisch-pathetische Freiheitsbegriff des 18 und 19. Jahrhunderts ist im Europa des 21.Jahrhunderts eher negativ besetzt, der europäische Freiheitsbegriff kommt in den arabischen Staaten gar nicht gut und wieviele Afrikaner sich den Luxus leisten können, sich mit abstrakten Begriffen wie Freiheit zu bechäftigen statt dem täglichen Überleben …
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Ja, so ähnlich sehe ich das auch. Dennoch will ich der Frage weiter auf den Grund gehen.
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Liebe Gerda,
ich freue mich so mit dir/mit euch an diesem wunderbaren Projekt- der Kranz am Baum hat mich sofort „erwischt“- so schön!!! Zart und mächtig in einem, sagt mir das Bild.
Zart und mächtig ist auch die Freiheit.
Als ich den von dir geschriebenen geschichtlichen Ablauf las, sah ich einen Kurzfilm vor mir, wie sich die Freiheit Raum nimmt, wie die Menschen strahlen und beschwingt ihr Tagewerk in Freiheit tun und dann sah ich die stählernen Rösser, die wieder alles zerstampfen- (manchmal möchte ich malen können!)- gleichzeitig denke ich an Picassos Bild Guernica (hoffentlich richtig geschrieben) und an Goyas Bild von der Erschiessung der Aufständischen- und wiederum sehe ich Zeiten, in denen sich die Freiheit ausdeht, bis dann wieder die stählernen Rösser kommen (noch?). Es bleibt eine Hoffnung, ein Götterfunken, eine Freude, eine Zuversicht, woher auch immer noch, die möchte ich nähren, wieder und wieder.
Ich verneige mich vor deinem Wissen.
Zugewandte und herzliche Grüsse
Ulli
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P.S. ich bin sehr auf Eleusis aus deiner Sicht gespannt, mittlerweile habe ich mehr darüber gelesen und habe mich an das Gehörte während meiner Ausbildung besser erinnert. Vielleicht ja morgen…
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zart und mächtig – das gefällt mir gut! und auch die Bilder, die du entwirfst oder zitierst. Mein Wissen? Nun, einiges wusste ich tatsächlich schon vorher, anderes lese ich mir aktuell aus dem Netz zusammen….Thomas Mann hat mal eingestanden, dass er all das Wissen in seinen Romanen, das er sich für den Zweck des Romans angelesen hat, gleich wieder vergisst. Glaub bloß nicht, dass ich wusste, dass Schubert sich an Schillers Lied der Freude abgearbeitet hat. Heute ist es ja so leicht, sich im Netz alles Wissenswerte zusammenzusuchen und den Gebildeten zu mimen. diese kleinen Recherchen machen mir aber Spaß, sie bieten viel Raum fürs Assoziieren. So wie du jetzt auf Guernica und Goya kamst.
Die heutige Feier mit dem Ausbildungsprojekt hat mir viel Freude gebracht. Wir haben Tempo aufgenommen, ich sehe schon die nächsten Ziele deutlich vor Augen. Gute Nacht! Gerda
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Ach das beruhigt mich, dass das Ganze nicht alles in deinem Kopf abgespeichert ist, dann muss ich mir jetzt nicht mehr doof vorkommen 😉
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Das ging mir nach diesen Worten von Gerda genau so *g*
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Zu dem Projekt hätte ich noch eine Frage, diese herrliche Olivenpaste sieht aus wie Pesto, kann man die nur vor Ort kaufen oder ist angedacht diese auch Online zu vertreiben? Ich finde auch, dass ist ein wunderbares Projekt und wünsche weiterhin viel Erfolg damit!
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Die Paste und all die anderen Köstlichkeiten kann man von der Firma Bläule beziehen – gib einfach Bläule ein. Es gibt auch viele andere gute Anbieter, einiges findest du im Blog meines Sohnes und seiner Frau, „Mjamjams“, in meinem Blogroll.
Danke für die guten Wünsche! Gerda
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Super, ich schaue gleich nach, danke Dir!👍
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pardon, nicht Bläule natürlich, sondern Bläuel Mani.
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Hab mich schon bei den new Letter angemeldet!👍
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Liebe Gerda.
So ein Projekt, kann man nicht von heute auf morgen starten. Da steckt doch eine ganze Menge an vorbereitende Arbeit drin. Wird diese Massnahme durch Spenden gefördert. Was haben sie denn mit dem Boden gemacht, wie und womit bearbeitet. Mir kam es vor, dass ich deine Freundin „Waltraut S., irgendwo her kenne, mal gesehen/ gehört habe. Aber ich kann mich täuschen. Als was sollen die. Menschen ausgebildet werden: Gärtner? Monika
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Liebe Monika, dies Projekt ist in erstaunlich kurzer Zeit gesprossen und wächst kräftig. Es gibt eine Stiftung, die bereit war, das Projekt mit 50 000 E jährlich zu fördern. Damit das Geld ausgezahlt werden konnte, musste eine passende Rechtsform gefunden werden: Der kleine Lyso-Verlag (Waltraud Sperlich und Eva-Maria haben ihn vor Jahren hier gegründet, vielleicht hast du eines ihrer Bücher gelesen oder warst auf einer Lesung? Du findest Informationen im internet) wurde zur Nonprofitgesellschaft umgestaltet. Dies war am zeitraubendsten, weil Teile der griechischen Justiz monatelang streikten. Danach ging alles sehr schnell (alles in allem drei Monate). Die jungen Menschen werden zu Gärtnern mit ökologischer Orientierung ausgebildet, sie bekommen einen privilegierten Stand auf dem Wochenmarkt, um ihre Produkte zu verkaufen, können nach der Ausbildung auch für die öffentlichen Günanlagen, für Privatgärten etc eingesetzt werden. Geplant ist auch eine betreute Wohngemeinschaft …All das wird passieren, weil es ein paar engagierte Menschen gibt, die trotz eigener ökonomischer Engpässe die Arbeit vorantreiben. Das Potential ist da, hier, in Griechenland.
Es gibt inzwischen eine fb Seite „Lysos Garten“ (auf deutsch) mit Spendenaufruf und Kontoangabe. Sicher gibt es bisher nur die 50 000 E jährlich von der Stiftung, das muss reichen für drei Gehälter (Agronomin, Sozialarbeiter, Landarbeiter), den Transport der Jugendlichen aus oft entfernten Dörfern, für Materialien wie Erde, Pflanzkästen, Werkzeuge und sonstige Kosten. Es ist natürlich zu wenig, aber momentan muss es halt reichen, und es reicht, weil es Menschen gibt, die sich mit ihren eigenen bescheidenen Mitteln einsetzen. In Zukunft hoffen wir, finanzielle Unterstützung aus dem Europäischen Sozialfond und aus Programmen der kommunalen Selbstverwaltung zu bekommen.
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Hochinteressanter Buchstaben-Lesestoff wieder, herzlichen Dank dafür!
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Danke für dein Interesse, lieber Finbar!
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Macht einfach Freude, an deiner Kunst und deinem Wissen teilzunehmen…
Liebe Morgengrüße vom Lu
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Gutes Projekt! 🙂
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Ja!! Mehr dazu findest du bei Interesse in meinem Kommentar zu Monika.
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Ich habe ja selbst mal in einer Behinderteneinrichtung gearbeitet – ist allerdings schon lange her, in den frühen 80ern. Ich bin mit dem Themenkomplex ganz gut vertaut. Meine Schwägerin arbeitet heute noch bei der „Lebenshilfe“.
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Von der Freiheit, finde ich, kannst Du gar nicht genug schreiben. Ich warte.
Schönes Wochenende, Gruß Juergen
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Danke, Jürgen! das geht mir runter wie nix!
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Die Freundin gefällt mir so, so, so sehr!
Freiheit, immer und unbedingt!
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Danke!! o ja, diese Eleftheria ist fabelhaft. Nomen est omen.
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Liebe Gerda,
ich hab gestern Abend noch kommentiert und meinte auch, Du hättest darauf reagiert.
Ich fand Deinen Artikel wundervoll und eine entsprechende Fülle von Worten dazu enthielt mein Kommi.
Nun find ich nichts mehr.
Spinne ich oder ist es anders? Bin gerade sehr irritiert. Hilf mir mal auf die Sprünge, liebe Gerda
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Liebe Bruni, ich habe bei den Kommentaren und im Spam nachgesehen, aber nichts gefunden. Dein Kommentar ist futsch. Zu schade, dass ich sie nicht lesen kann! Aber ich danke dir herzlich für die guten Worte, die nun irgendwo im elektronischen Weltraum zirkulieren und sicher auch dort ihre belebende Funktion erfüllen. Hab einen schönen 4. Advent und werd schnell ganz ganz gesund. Eine Umarmung! Gerda
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Ach, Mist… Alles weg. Wie schade. Mein Loblied auf Deinen Text und die Freiheit, die Kämpfe dafür, die immer so viele mit ins Chaos stürzen, schwirrt nun im All und ist verwirrt.
Die französiche Revolution zeigte sehr deutlich, wie sich Recht in Unrecht verkehrt und wie alles in maßlosem Blutvergießen und Hassgeschehen endet… , wenn sich der Mensch in mitjohlender Menge stark und allzu mächtig fühlt
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Tja schade, dass deins weg ist und ich mich nicht dran erfreuen kann, aber nicht so schlimm wie das, was du über die Revolutionen leider zu Recht sagst. Andererseits, wo wären wir ohne sie? Vieles – Leid, Hunger, Elend, Unrecht, Unverstand derjenigen die Oben sind, mörderische Wut derjenigen, die unten sind – staut sich über lange lange Zeit an, bevor es zu einem gewaltsamen Umbruch kommt. Dann geht alles drunter und drüber, auch das Unterste, das in der Qual des Tartarus Verschlossene, taucht an die Oberfläche, wirft seinen tiefen Schatten über die Menschen … bis es langsam, mit vielen schlimmen Rückschlägen, zur Beruhigung und Klärung kommt.
Dann steht die schöne Blume „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ im Licht, und ein enthusiastischer Chor erklingt: „Freude, schöner Götterfunken“. Das ist der Menschheit ncht mehr zu nehmen.In diesem Sinne: ein froher Advent! 🙂
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Liebe Gerda, ein wunderbarer, sehr interessanter Beitrag an die Wahrheit und zu all die Menschen, die sich freiwillig für mental eingeschränkte Jugendliche einsetzen.:)
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danke dir, Martina.
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Ja, genau so ist es, liebe Gerda. Hier entlud sich Jahrhunderte lang unterdrückte Wut …
und doch brachte es nach und nach das, von was wir jetzt noch profitieren…
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Pingback: E wie ΕΛΕΥΘΕΡΙΑ, unterwegs nach Eleusis. | GERDA KAZAKOU
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