112 Stufen, 47: aufblühen (Anais Nin)

Reiner hat ein „Mitmachding“ initiiert. Es geht darum, jeden Tag einen Text zu einem Wort zu posten, das sich auf der Holsteiner Treppe in Wuppertal, verteilt auf 9 Absätze befindet. Es reizt mich, da mitzumachen, allerdings eher nicht mit eigenen Textproduktionen, sondern mit literarischen Assoziationen und Gedichten anderer. Ich bin gespannt, welche Texte, Gedichte, Geschichten jedes dieser Wörter in meiner Erinnerung aufleuchten lässt. All diese Erinnerungen an Gelesenes und im Gedächtnis Aufgehobenes sollen mir einen nachklingenden Teppich weben, den ich über die Stufen lege, um noch einmal hinaufzusteigen.

„Hedonie“, Legebild

Beim Betreten der ersten Stufe des vierten Abschnitts der Holsteiner Brücke („erlauben“) habe ich mir erlaubt, an anderes zu denken und anderes zu tun. Beherzt steige ich weiter zur zweiten, oder insgesamt 47. Stufe der Treppe: „Aufblühen“. Da kam mir ein viel zitierter Satz von Anais Nin (1903-1977) ins Gedächtnis. Nicht, dass ich eine großartige Kennerin ihrer Tagebücher wäre – nein. Denn die wurden, wenngleich schon ab 1931 datiert, erstmals ab 1971 auf deutsch ediert – und da war ich schon lange keine Knospe  mehr und brauchte keine Hinweise auf die Notwendigkeit aufzublühen. Ich war in der Lebensphase der jungen berufstätigen Ehefrau und Mutter, deren Hauptsorge war, wie sie das alles unter einen Hut bringen konnte.

Das Zitat kursiert bis heute und hat zahlreiche Frauen motiviert, es zu kommentieren und mit Blumenfotos garniert ins Netz zu stellen.

*

Und es kam der Tag, da das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzlicher wurde als das Risiko, zu blühen.

*

Nun fand ich ein zweites Zitat (hier: Anais Nin), dem ich viel abgewinne, ohne deshalb wie die Anais leben zu müssen.

»Was ich zu sagen habe, unterscheidet sich von Kunst und Künstlertum. Es ist die Frau, die spricht. Und es ist nicht nur die Frau Anais, vielmehr habe ich für viele Frauen zu sprechen. Während ich mich selbst entdecke, fühle ich, daß ich nur eine von vielen bin … Die stummen Frauen der Vergangenheit, die sich wortlos hinter ihren unausgesprochenen Gefühlen verbergen, und die Frauen von heute, die ganz in der Aktion aufgehen und den Mann kopieren. Und dazwischen: ich.«

„Hedonie“, interviewt von Dora, Legebild auf Gemälde, digital bearbeitet

 

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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2 Responses to 112 Stufen, 47: aufblühen (Anais Nin)

  1. Avatar von Myriade Myriade sagt:

    Ich mag deine Interpretation der Holsteiner Treppe sehr, die Figuren und Persönlichkeiten aus allen möglichen Bereichen des Lebens.

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