Eben holte ich ein paar Pinsel aus dem Atelier, um sie dem Handwerker zu übergeben, der die Eingangsstufen mit einem einfachen Geländer abgesichert hat, das er nun anstreicht.
Die Pinsel in der Hand dachte ich: Malen, ja. Wie geht das doch gleich? Wie hat man als Maler überhaupt auszusehen, damit man nicht mit einem Handwerker oder gar mit einem Faulpelz verwechselt wird? Jeder Berufszweig hat ja seine Standesmerkmale. Der Maler hat nen Hut, eine Palette, einen Pinsel und vielleicht auch einen Kittel. Na, wer ist hier der Maler? Die Frau mit dem Kinderwagen? der Junge mit dem Flügel, der nach der Sonne greift? Der Mensch im Strandkorb, der seine nächsten schrittew im Leben genau überdenkt, bevor er sie macht? Also nein, ich tippe auf den dünnen Kerl mit der blauen Joppe. Wenn du genau hinschaust, siehst du, dass er Dora inmitten von Farbgekleksel abgebildet hat. Das also ist ein Maler.

Ist ein Maler so? Auch John der Maler, Juttas Geschichtengenerator entsprungen, hat die nötigen Merkmale, die ihn als Maler ausweisen. Hier sieht man ihn in großer Pose vor seiner Staffelei. Ihm zur gesellschaft hat sich seine liederliche Kumpanei eingefunden, denn die gehört genauso zum Malerdasein wie die fehlende Inspiration.

John der Maler braucht ein Modell. Ein weibliches, das ihm posiert. Egal, was ihm einfällt, sie hat es mit ihrem Körper nachzubilden, damit er es vor Augen hat und damit seine Einfälle zum Bild machen kann.
Inspiration. Um sie zu finden, greift er zu Mitteln, die ihm nicht guttun. Er macht seine Palette zum Dreifuß, entzündet ein paar duftende Kräuter – und schon erscheint die Sphinx vor ihm….

Hier sieht man ihn im psychedelischen Rausch. Die Palette ist ihm sein Schild, der Pinsel sein Schwert.
John glaubt eigentlich nicht an Geister und Gespenster. Aber das nützt ihm nicht viel. Sie respektieren seinen Glauben nicht, sein Glauben ist ihnen egal. Sie dringen auf ihn ein, sie provozieren ihn am Tag und in der Nacht, sie verhöhnen ihn und stechen ihn ins Herz. Von seinem Pinsel tropft gelbe Farbe. Ja, John ist verrückt geworden. Das, so sagt man, sei bei Künstlern ein Zeichen von Genie.
Und? Ist das schon alles, was sich über Maler sagen lässt?
Na, hoffentlich lässt sich doch über Maler noch viel mehr sagen 🙂 🙂
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Ich sage jetzt mal ketzerisch: der Maler ist wie ein jeder von uns. Dazu kommt, dass er malt. So wie bei einem Bäcker, dass er backt. Und so weiter. Standesmerkmale waren in früheren Zeiten extrem wichtig. Inzwischen können wir das etwas lockerer sehen.
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Danke, lieber Herr Dilettant. Ich dachte, es wäre klar, dass ich hier mit verbreiteten Stereotypen spiele: wie sieht ein Maler aus, seine Utensilien, sein Charakter, sein anrüchiges ausschweifendes Leben, sein verrücktes Genie. Manche Künstler bedienen diese Stereotypen absichtlich, bis heute. Auch gibt es immer noch Eltern, die entsetzt auf den Wunsch ihrer behüteten Töchter reagieren, auf die Kunstakademie gehen zu wollen.
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Das erste gefällt mir am besten. Was mir zu „kniffelig“ ist, meide ich. Es macht mir Kopfschmerzen. Aber Dir macht es Spaß. Das freut mich., Gerda.
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Jeder mag was anderes. liebe Gisela. Ich freu mich, dass das erste dir yusagt. Ich spiele halt gern auch ein bisschen im Dunkeln. 😉
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😊
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Das Bild auf dem die Sphinx erscheint, gefällt mir am besten.
Was ist schon verrückt? Was steht denn noch am angestammten Platz?
Wenn es den Künstler kennzeichnet verrückt zu sein, sind fast alle Künstler. Da muss schon noch etwas anderes dazu kommen. Der Künstler macht sichtbar, wie alles in Bewegung ist. Aus Sicht der Vergangenheit ist das dann verrückt… Der Künstler ist aber einfach nur einen Schritt voraus und wenn er Pech hat, dann ist er schon viele Schritte voraus und endet im Irrenhaus…
Wenn ich an einen Maler denke, sehe ich einen Mann in weißem, farbbekleckertem Anzug auf einer Bockleiter stehen, der mit breitem Pinsel eine Wand anstreicht. Dieses Bild kommt zuerst und dann das andere mit Leinwand und Farbpalette. Ich mag sie alle beide, jedes auf seine Art.
Ohne Fixpunkt verrückt sich nichts. Alles ist im Fluss…
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Danke dir für deine Gedanken zur Verrücktheit, liebe Leela. Es wäre ein Missverständnis, wenn der Eindruck entstand, ich hielte Künstler für verrückt.
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Sorry liebe Gerda, da bin ich nicht so festgelegt – für mich ist jeder ein Maler – mindestens der Maler seines Lebens, Gestalter seines Lebens, Erschaffer seines Lebens – wir sind alle Künstler – Lebenskünstler.
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Ich bin da auch gar nicht so festgelegt, liebe Melina. 🙂
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Der Künstler: eine Schublade, eine Überschrift, eine Konstruktion, damit man mit Menschen umgehen kann, die sich kreativ und abweichend verhalten?
Vielleicht so!
Liebe Grüße!
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Tja. Wird so nicht häufig verfahren? Immer noch? Stereotypen sind verdammt hartnäckig. In meinen Legebilder-Geschichten von John dem Maler führe ich sie ad absurdum.
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Ach ja, Kunst und Drogen/Rausch, ein uralter Zweiklang…
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Jein, liebe Marion. Ich meine eher, dass es sich um ein Stereotyp handelt, das sorgfältig gepflegt wird, auch vom Kunstmarkt. Ich glaube nicht, dass Drogen bei Künstlern verbreiteter sind als sonstwo, aber „amoralische“ Verhaltensweisen bei Künstlern werden immer genüsslich kolportiert.
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Ja, Letzteres stimmt auf jeden Fall. Bei Künstlern ist das gesellschaftlich anerkanntere und gehört vielleicht sogar zum Rollenprofil… Ich selbst bin nüchtern auf jedenfalls besser im Schreiben und Zeichnen.
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Bei manchen lässt sich das sagen. Aber vermutlich wegen der Begleitumstände.
Malen und Zeichen an sich ist gesund – letzteres hat mir mal sehr geholfen.
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Zeichnen
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Interessant, dass das, was du als misslungen bzw. unzureichend ansahst, bei den Lesern so positiv kommentiert wird. Das „Verzeichnete“ hat manchmal mehr Kraft als das Korrekte. Vielleicht liegt das daran, dass uns die moderne Kunst daran gewöhnt hat, Verformungen nicht störend zu finden. Ich mag den Akt auch sehr.
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