Ist der Tod eine Frau?
La muerte (die Todin), sagte meine Freundin Helen Escobedo, hockt in diesen Tagen auf unserer Schulter, und wir tanzen mit ihr. In ihrem Haus in Mexico City war, wie in jedem mexikanischen Haus, eine Art Altar mit allerlei Totenköpfen aufgebaut, und auch zum Frühstück gab es welche, süß und schauerlich-schmackhaft.
Nirgends ist der Totenkult so fröhlich, scheint mir, wie in diesem Land, das seit den Azteken mit dem Tod auf geradezu familiärem Fuße steht (Fotos 1-6). Die katholische Kirche, die ja ihrerseits in weiten Teilen ein Totenkult ist, schloss da nahtlos an.
Der zentrale Platz der Hauptstadt wird an den Tagen der Toten zur riesigen Totentanz-Installation und zum Happening. Im südlicheren Puerto traten wir in einen Innenhof, in dem schöne junge Mädchen neben großen Körben mit Totennahrung lagerten, das Gesicht zur Hälfte zur Totenmaske geschminkt.
Hier nun ein paar Bilder von unserem Besuch bei der wunderbaren Helen Escobedo, die damals noch so voller Leben und Lachen war und derer ich dieser Tage sehnsuchtsvoll gedenke. Und weil Leben und Tod eins sind, habe ich noch ein paar persönliche Bilder hinten angehängt.
Ich weiß eine Menge davon, habe es aber persönlich noch nicht gesehen. Danke für die Fotos. Es muss ja ein phantastisches Erlebnis sein !
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Ja, Myriade, es ist faszinierend, vor allem, weil wir, als wir nach Mexiko flogen, gar nicht wussten, was uns da erwartete. Es war eine Überraschung für uns.
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Oh darüber muss ich mir meinem lieben Arbeitskollegen Antonio mal plaudern. Er kommt aus Puebla.😁😁
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eine sehr schöne Stadt ist Puebla! Im stillgelegten Bahnhof machte Helen Escobedo damals eine große Ausstellung, und so fuhren wir hin.
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Den Bahnhof wird er sicher kennen, auch wenn er schon seit 20 Jahren in Deutschland lebt. Ich bin gespannt, was er erzählt, wenn ich ihm Deinen Beitrag zeige. Liebe Grüße zum Abend. Birgit
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und du schreibst mir hier was davon als Kommentar, bitte?
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Ganz klar, Gerda.☺ mach ich.
Allerdings erst ab übernächstem Montag, er hat noch anderthalb Wochen Urlaub…
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Also, Gerda: er kennt den Bahnhof auch als Ausstellungsfläche, war dort mal zu einer Eisenbahnausstellung. Das war aber zu einer Zeit, als das Gelände/Gebäude noch ziemlich marode war. Da er als Schüler immer in diverse Ausstellungen „musste“, hat er sich nicht gerade zu einem Kunstliebhaber entwickelt und meidet derartige Gelegenheiten erfolgreich, wenn er sein Zuhause mal (sehr selten) besucht. ..😕 schöne Grüße von mir an Dich.
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Danke!
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Ich weiß garnichts darüber! Weil Leben und Tod eins sind, dass hast Du wundervoll gesagt! Das eine geht ohne das Andere nicht! Es ist quasi eine Symbiose!
❤liche Grüße Babsi
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Ich freu mich, dass ich dir was Neues zeigen konnte, liebe Babsi.Schönen Abend noch!
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Was mir gefällt, es ist farbenprächtig bunt und sogar lustig, es nimmt einem fast die Angst vor dem Tod! Bei uns ist der Tod dunkel und bedrückend angsteinflößend und die Kirche hat ja auch mit der Angst der Menschen gearbeitet und auf diese Weise manipuliert, wie in vielen Religionen und Glaubensgemeinschaften!
Aber sicher weiß ich noch zu wenig darüber, es ist nur ein erster Eindruck!
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Mir scheint, liebe Babsi, dass du das Wichtigste gesehen hast: der Tod ist mitten im Leben, das Leben mitten im Tod. Bei den Mexikanern gibt es in diesen Tagen viel Augenzwinkern und Selbstironie, was mir gefällt. Was natürlich nicht bedeutet, dass das Sterben dort leichter fällt und die Trauer über einen lieben Verstorbenen nicht genauso tief geht. Vielleicht will man ein wenig die Angst vertreiben.
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Was für eine wilde, vor Lebendigkeit strotzende Berichterstattung!
In einem fernen Lande sah ich auf einem Friedhof ganze Familien in heller Kleidung Picknick machen an den Gräbern, lachen und feiern…
Gruß von Sonja
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Ja, Sonia, so wurde mir auch gesagt, aber ich habe es nicht erlebt. beste Grüße!
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Erst gestern erzählte ich einem Freund von den Mexikaner*innen und ihrem Umgang mit „Allerheiligen/Allerseelen“, wie klasse und passend ich dies finde und nun zeigst du uns diese Bilder!
Ich wollte nun nicht jedes Bild kommentieren, aber es gab so viele, die in mir Freude auslösten. Tod als etwas zu begreifen, der nur ein weiteres Tor von vielen im Leben ist, gepaart mit Humor und Schmückendem/Lebensfrohem, das spricht mir aus der Seele. Manchmal denke ich schon was wir nur für Schwernöter*innen sind! Und das hat nun nichts mit der (berechtigten) Trauer zu tun, sondern bezieht sich nur auf das Unvermeidliche: wir und alles Lebende gehen diesen Weg, dies gilt es hineinzulassen, von hieraus bekommt das Leben einen ganzen anderen Geschmack, so wenigstens ist meine Erfahrung.
Ich mag auch sehr den Brauch der Mexikaner*innen mit Speis und Trank auf den Gräbern ihrer Ahn*innen zu sitzen und diese mit ihnen zu teilen, das nenne ich Würdigung!
Ja, es gäbe bestimmt noch mehr zu sagen, aber hier lasse ich es mal stehen.
Liebe Gerda, ich grüße dich herzlich zur guten Nacht,
Ulli
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Ich stimme dir zu, liebe Ulli: Es hat nichts mit der wirklichen Trauer zu tun. Dafür ist das ganze zu lärmend und bunt. Es ist ein Ritual, das dem Gedanken an den Tod (den jeder erleiden muss) ein wenig seinen Stachel nimmt.
Das gemeinsame Speisen gibt es übrigens in anderer Form auch hier: Man isst Kolliva, das wird auf der Grundlage von Weizenkörnern hergestellt, die man quellen lässt, und die man mit Rosinen, Granatapfelkernen, Sesam, Petersilie, Nüssen, Mandeln, etwas Zucker und Zimt vermengt. Es handelt sich um eine uralte, äußerst stärkende und leckere Speise für die Lebenden. Jedem Teilnehmer an der Beerdigung wird ein solches Schälchen gereicht.
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Klingt lecker
…und ist es nicht auch wunderschön, dass die Rituale um den Tod herum immer wieder andere Formen hat!? Den Stachel nehmen gehört dazu, wie ich finde!
Herzliche Grüße an dich
Ulli
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Liebe Gerda, ich verstehe die Idee, und die Ästhetik hat ihren Platz, und dennoch bin ich allergisch gegen Totenköpfe in Form von Deco, vermutlich berufsbedingt, wo mir so viele Menschen begegnen, die, mit Totenköpfen dekoriert, mit dem Tod kokettieren, es dann aber doch immer wieder mit der Angst zu tun bekommen, wenn ihre Gesundheit nachhaltig darunter leidet, sei es, dass sie in der Psychiatrie landen, weil sie sich tot fühlen oder versuchen, sich umzubringen…Ich schaue einfach mal kurz weg von Deinem blog und dann wieder hin, wenn wieder was ohne Totenschädel kommt…
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Liebe Sabine, ich kann deine Allergie gut nachvollziehen, denke aber doch, dass es sich im Falle Mexikos um eine kollektive kulturell tief verankerte Form der Verarbeitung vonTodesangst handelt, die sich grundsätzlich unterscheidet von dem Flirt mit Todessymbolen, wie du es beschreibst. Die Mexikaner, die ich an jenen Tagen sah, machten mir durchaus nicht den Eindruck, dass sie sich „tot fühlten“ oder gar Selbstmordtendenzen hatten – im Gegenteil, sie freuten sich des Lebens im Angesicht des unausweichlichen und durchaus nicht erstrebenswerten Endes.
Sei lieb gegrüßt! Ich freue mich auf und über deine so lebensvollen Bilder !
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Immer ist eine Auseinandersetzung damit gut, und das Verdrängen schadet, und doch: der Tod ist hässlich. Da genügt mir die kontinuierliche Konfrontation in kranken und sterbenden Menschen…
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Ich versteh das, Sabine. Du bist Ärztin. Ich bin nur eine Theoretikerin des Sterbens ….
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Damals auf meiner Mexikoreise bin ich ebenfalls mit einer anderen Einstellung zum Tod konfrontiert worden. Man sagte uns, daß die Angehörigen auf dem Friedhof am Grab des Verstorbenen Essen und Trinken, also das Leben feiern. Der Tod wird also nicht weggesperrt.
Man hat den Eindruck, je mehr man ihn wegsperrt, umso mächtiger wird die Angst.
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Ih hab schon viel vom mexikanischen Totenkult gehört und finde es sehr erleichternd, wenn es uns gelingt, mit dem Tod zu tanzen und zu singen. Vielleicht gelingt es, wenn ein lieber Verstorbener schon lange tot ist und die Trauer im Laufe der Jahre bewältigt.
Totenköpfe als Deko sind ganz und gar nicht mein Ding, aber Friedhöfe mit ihrer Stille mag ich total gerne und meine Erinnerungen an die Hand meiner Oma, die mich hielt, als wir vor dem kleinen Grab ihrer jüngsten Tochter standen, ist eine meiner allerschönsten.
Ein Arbeitskollege erzählte mir von den festlich geschmückten Gräbern in Polen und davon, wie sie ihre Toten an diesen Tagen feiern, wie sie picknicken und Lieder singen. Ein Fest für alle, für die Lebenden und ihre Toten. Es gefiel mir sehr, was er erzählte. Kein Ausgrenzen, sondern ein Miteinander
Liebe Grüße in den sonnigen Morgen von Bruni
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Liebe Bruni, ich käme sicherlich nicht aufdie Idee, meine Toten so zu feiern wie die Mexikaner es tun. Die persönlichen Zeiten der Trauer lassen sich da sicher nicht unterbringen. Es ist ein mir fremdes Ritual, das mir allerdings Anlass zum Nachdenken und viele gute Fotomotive verschaffte.
Berührend, was du über dein Erlebnen an der Hand der Großmutter schreibst.
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So habe ich es auch verstanden, liebe Gerda
Diese Besuche bei ihrer kleinen Tochter, meiner Tante, die mit 6 Jahren an Diphterie gestorben war und nach der ich genannt wurde (damals lag ihr Tod ca. 8 Jahre zurück) waren niemals beängstigend, nur sehr friedlich. Seitdem mag ich das Blühen der Linden
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ich lächle dir zu, liebe Bruni.
Das Blühen der Linden liebe ich auch. Wir hatten einen großen Lindenbaum im Garten, mein Vater und meine Mutter hatten ihn gepflanzt, und wir Kinder standen im Kinderwagen in seinem lichten Schatten. Die Nachbewohner hackten ihn ab …. Meines Vaters Lieblingslied, so hörte ich, sei dieses gewesen, und wenn ichs höre, weine ich. https://www.youtube.com/watch?v=s0ojpHpKTsQ
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Danke für die Fotos, Gerda!
Dieses Fest steht auch noch ganz oben auf meiner Liste an Dingen (Festen), die ich gerne erleben möchte. Die Fotos verheissen vieles von dem, wie ich es mir auch vorstelle, wie es dort zugeht.
Liebe Grüße und einen schönen Wochenbeginn, Susanne
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Wir hatten halt großes Glück, Susanne, weil wir zu Gast waren und nicht als unbedarfte Touristen herumgingen. Ob ich es sonst so genossen hätte, weiß ich nicht, denn Mexico City ist mit seinen 20 Milionen Einwohnern und doppelstöckigen Autobahnen ziemlich unübersichtlich..Außer dem ganzen Todeszauber sahen wir viele wunderbare Dinge. Ich erwähne nur die gewaltigen Skulpturen im riesigen Campus der Universität (eine, die „Schlange“, zeigte ich, sie ist von Helen Escobedo), dort auch große Murals und das Museum für Zeitgenössische Kunst (Helen war dort Direktorin gewesen), wir konnten auch ins winzige Doppel-Haus von Kahlo und Rivera, das eigentlich geschlossen war – Helen öffnete uns die Türen.
Ich finde es gut, an solchen Orten künstlerische Freunde zu haben. Man sieht viel mehr.
Die Woche hat schön mit sanftem entspannendem Regen begonnen, ich genieße das Haus. Hab auch du eine ruhige Woche, liebe Susanne! Gerda
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Ja, Gerda, so ist es. 🙂 🙂 🙂
Ich dachte beim Tag der Toden auch sofort an Frieda Kahlo. Ich mag den ungezwungenen Umgang mit dem Tod, ganz anders als in Deutschland, wo ich schon schief angeschaut werde, wenn ich erzähle, dass ich mir Gedanken über meine Beerdigung oder über mein künstlerisches Vermächtnis mache und Frage, wie andere bestimmte Probleme lösen. Wie zum Beispiel die enorm gestiegenen Kosten für eine Beerdigung in Deutschland.
In knapp 3 Wochen sehen wir uns, ich freue mich sehr, Susanne
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Da kommen Erinnerungen hoch… Ich habe ein Jahr in Mexiko/Puebla gelebt und gearbeitet und durfte diesen Tag miterleben. Wunderschön! Wer die Gelegenheit dazu hat, eine Mexikoreise genau um diesen Tag herum einzuplanen, das kann ich nur empfehlen. Aber auch an anderen Tagen rund ums Jahr findet man in Mexiko immer wieder lustige Totenköpfe in allen Variationen.
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danke schön! Pueblo hat mir sehr gefallen, und nicht nur wegen der Totenfeiern! Ein Jahr ist eine gute Zeit, um den Ort richtig zu erleben.
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Spannend zu sehen…
In Mexiko war ich ja auch, das war wohl1996..
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Wir waren 10 Jahre später dort.
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Stimmt! 🙂
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