Dora zum SechzehntenSiebten: Wie geht es weiter.

„Du sitzt nur rum!“, beklagt sich Dora „Tu mal was!“ – „Es ist Sommer“, gebe ich zurück, als wäre das eine Erklärung für alles. – „Sommer ist noch eine ganze Weile!“ mault Dora.  „Soll das jetzt immer so weitergehen?“ – „N-nein“, sage ich.

Dora schaut mich an, in Erwartung einer Fortsetzung. Wie wird es weitergehen? Ehrlich, wie soll ich das wissen! Sicher, ich mache Pläne, habe sogar einen ganz konkreten Plan, nämlich den, noch in diesem Monat nach Deutschland zu fliegen. Ich habe sogar schon gebucht.

Aber bis zu meiner Reise ist es noch acht Tage hin. „Viel kann passieren in der Mitte des Nirgendwo“ (Brüder Coen, „Fargo“) und  „Ja mach nur eine Plan, sei nur ein großes Licht….“ (Bertold Brecht, 3-Groschen-Oper). Nein, ich mache keine Reklame für Reiseversicherungen. Es ist nur …

Es ist nur: Richtig vorhanden ist ja eigentlich nur das Hier und Jetzt. Für Dora gilt das mit Sicherheit, ohne Wenn-und-Aber. Vielleicht, weil ihre Tage gezählt sind. Weil ihr Ende schon feststeht. Unwiderruflich feststeht. Am 31.12. hört sie auf zu sein, Punkt. Auch wenn die Welt untergeht, Dora wird es trotzdem geben, Tag für Tag, Woche für Woche, bis zum Ende ihrer Tage. Und danach eben nicht mehr. Die Grundtatsachen, die uns so sehr beunruhigen: für sie sind sie geklärt. Da ist es leicht, im Hier und Jetzt zu leben.

Doch uns ist gegeben,
      Auf keiner Stätte zu ruhn,
            Es schwinden, es fallen
                  Die leidenden Menschen
                        Blindlings von einer
                              Stunde zur andern,
                                    Wie Wasser von Klippe
                                           Zu Klippe geworfen,
                                                    Jahr lang ins Ungewisse hinab.

                                                   (Friedrich Hölderlin, Hyperions Schicksalslied)

„Was ist jetzt!“ höre ich Doras Stimmchen in meine Grübeleien hinein. „Wirst du die Sardellen, die du gekauft hast, jetzt braten? Oder ist das zu viel Aktivität? Meinetwegen kann ich sie auch an die Katzen verfüttern!“

Ich schaue auf die Uhr. Schon halb zwei. Na dann!

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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15 Antworten zu Dora zum SechzehntenSiebten: Wie geht es weiter.

  1. finbarsgift schreibt:

    Schmunzel … gebratener Fisch, jamm jamm jamm!!!
    Schönes Wochenende 🤗

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  2. Gisela Benseler schreibt:

    Na dann!🙏🌤️

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  3. Myriade schreibt:

    So ein Glück, dass ich von keiner Dora gehetzt werde 🙂

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  4. Was für eine schöne Kombination aus vielem, die zu was Neuem werden.

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  5. Alexander Carmele schreibt:

    Ich lese den Hyperion immer wieder gern. Es ist wirklich schön, Zitate aus ihm zu finden und in neuen Zusammenhängen zu denken. Hölderlin als Deutschland-Vorbereitungslektüre, da bist du gewappnet 🙂 mit den Briefen an Bellarmin. Viele Grüße! Auch an Dora.

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    • gkazakou schreibt:

      Gewappnet, lieber Alexander? War Hölderlin denn gewappnet, um seiner Zeit standzuhalten? Nur in seinem Turm konnte er überleben.
      Und uns seine wundervollen Dichtungen überliefern.

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      • Alexander Carmele schreibt:

        Gewappnet, so fand ich es, weil mir seine Sprache stets Mut gibt, es erneut zu versuchen, den Ausdruck, die Spur, dem Gefühl zu leben, nachzugehen. Ich weiß nicht, wie schlecht es ihm in seinem Turm ging – aber was ich weiß, wie gerne ich immer in seinen Werken lese und es schätze, etwas Neues zu finden. Ob es überhaupt möglich ist, gegen seine Zeit gewappnet zu sein, das ist fürwahr eine interessante Frage 🙂 Viele Grüße!

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  6. Ach, Du wirst die alte Heimat besuchen. Eine sehr gute Idee, liebe Gerda!

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  7. Das ist gut, Gerda! Was Dein Bauch fühlt, stimmt.

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