Tot oder lebendig: Mohn (tägliches Zeichnen)

Gestern nahm ich eine Mohnblüte und zwei Stängel wildes Getreide mit nach Haus. Ich stellte sie zu einem vertrockneten Olivenzweig und einer künstlichen Stechpalme mit roter Frucht in die weiße runde Vase auf dem schwarzen runden Tisch. Zwei rote Tupfer: ein lebendiger, ein toter.

Der Mohn ist trotz seiner sensiblen Natur auch heute, am zweiten Tag, noch lebendig. Die künstliche Stechpalmenfucht hat schon viele Weihnachten überlebt und wird wohl auch das nächste Weihnachten erleben.

Das Tote überlebt das Lebendige – ist das in sinnvoller Satz?

Einen Versuch, das aus Totem und Lebendigem gemischte Stillleben zu zeichnen, machte ich, obgleich es mir sinnlos erschien, das Rot des Mohns in Schwarzweiß wiederzugeben. Es wurde denn auch nichts mit dem Mohn.

Und wenn ich die Farben des Fotos mit der Zeichnung überblende? Die Schwärze der Zeichnung erscheint mir nun wie ein Vorgriff auf das Sterben des Mohns. Der Stechpalmenfrucht kann sie nichts anhaben. Die ist ewig bzw unsterblich, da sie nicht lebt und also auch nicht sterben kann.

Wie auch immer: ich werde dem Mohn schon noch ein paar Versuche widmen – draußen in der Natur und drinnen in der Vase.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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14 Antworten zu Tot oder lebendig: Mohn (tägliches Zeichnen)

  1. Sieht toll aus. xx Michael

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  2. Das (scheinbar) TOTE muss nicht tot sein … Der Beweis ist erbracht!

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  3. hanneweb schreibt:

    Dass der rote Mohn in der Vase so lange überlebt ist für mich schon ganz besonders, weil bei mir immer schon am nächsten die Blütenblätter abfallen.
    Dein Stillleben sieht so oder so ganz toll und zumindest auf dem Foto durch diese leuchtend roten Blüten sehr lebendig aus. Aber auch die Zeichnung ist dir in schwarzweiß wie immer ganz toll gelungen, wobei evtl nur einige gut platzierte Farbeffekte, keine Überlappung, auch dieses Bild mehr zum Leben erwecken würde denke ich….
    Liebe Grüße und wir wissen ja wie nah Leben und Tod beieinander sind, gelle.😉

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Hanne. Ich werde den Mohn noch ein paar Mal zeichnen, mich dabei aber auf die Linienführung und Bewegung konzentrieren und die Farbtöne nicht berücksichtigen. Die Alternative wäre, mich wirklich auf die Farbe einzulassen. Das ist mir aber momentan nicht möglich. Leben und Tod bedingen einander, nicht wahr?

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      • hanneweb schreibt:

        Mein Gedanke beim betrachten der Zeichnung war nicht, dass du dich auf Farbe einlässt, sondern mit ein oder zwei nur angedeuten zarten Farbstrichen einen Hauch von (Rest)Leben im so schönen Bild einbringst. Was evtl etwas mehr die enge Verbindung von Leben und Tod aufzeigt. Das versuchte mir damals meine Dozentin in jahrelang besuchten Kunstkursen beizubringen, was gar nicht so einfach ist.

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  4. Leela schreibt:

    Erstaunlich, wie die Überblendung eine ganz neue Tiefe und Empfindung schafft…

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  5. Gisela Benseler schreibt:

    „Das Tote überlebt das Lebendige“ ist natürlich kein sinnvoller Satz, da das Tote ja nicht lebendig werden kann.
    Das Lebendige aber, der Mohn, stirbt, d.h. wirft ja nur die roten Blätter ab. Im Inneren aber reift die Kapsel mit den Mohnsamen. Und die tragen das Leben weiter, auf Erden.
    Das eigentlich Lebendige aber können wir nicht sehen, nicht fassen. Doch es wirkt und wirkt sich aus, ist eine andere Form der Wirk-lich-keit.

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    • gkazakou schreibt:

      Im wörtlichen Sinne ist es natürlich Blödsinn zu sagen, „Das Tote überlebt das Lebendige“. Andererseits ist es eine Tatsache, dass all die Dinge, mit denen wir uns im Leben umgeben haben oder auch die Implantate im Körper weiter existieren, wenn ihr „Besitzer“ gestorben ist. Und die Mohnblume wird längst vergangen sein, wenn die künstliche Stechpalmenfrucht vor sich hinstaubt ….

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  6. Das Tote lebt im Lebendigen weiter… stimmt das?
    Deine erste Fotografie gefiel mir schon sehr und Deine erste Skizze auch, aber die letzte, die überblendete, ist doch wunderschön geworden. Was willst Du mehr, liebe Gerda? 🙂
    Du hast die Ästhetik in den Vordergund gerückt, aber das erkenne ich eigentlich immer bei Dir.

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