Das Zittern des Schattens (Tanizaki und kleine Beobachtungen)

„Das Lob des Schattens“ (gr) heißt ein Büchlein von Junichiro Tanizaki, das auf meinem Nachttisch drauf wartet, gelesen zu werden. Mein Neffe Vassilis Botoulas hat es mir, begeistert, ausgeliehen. Und so freute ich mich, heute  bei Joachim Schlichting ein bezauberndes Foto und dazu einen bemerkenswerten Satz aus eben diesem Buch zu finden.

Mit Schattenfotos, die ich gestern abend am Kamin machte, möchte ich dieser schönen σύυμπτωση (symptosi=Zusammenfall, oder nach C G Jung Synchronizität) zuprosten!

Meine Hand zittert leicht – und mit ihr das Glas. Oder? Ist es die fotografierende und nicht die das Glas haltende Hand, die zittert und das Bild verwackelt? Woher soll ich das wissen? Wie soll ich die beiden subjektbedingten Effekte – ich halte das Glas und ich fotografiere mit der anderen die haltende Hand – auseinanderklamüstern?

Die leichte Verdoppelung der Eulenschattenwurfes scheint anzuzeigen, dass auch die fotografierende Hand zittert.  Oder? Ist der verdoppelte Schattenrand womöglich Wirkung einer doppelten Lichtquelle? Sind es also nicht zwei subjektbedingte, sondern zwei objektiv bedingte Effekte – zwei Lichtquellen -, die hier mit einem subjektiv bedingten Effekt – der zitternden Haltehand – zusammenspielen?

So sieht es aus. Denn die Holzeule im rechten Vordergrund ist klar gezeichnet und keineswegs verwackelt. Jedenfalls nicht auf diesem Foto.

Das flackernde Feuer des Kamins mag das Seine zum Flacker-Zittereffekt auf dem Glas beigetragen haben.

Subjektives und Objektives sind im realen Leben unauflöslich verwoben, und das ist gut so. Doch möchte ich gern wahrnehmen, was ICH dem als Wirklichkeit Erkannten hinzugefügt habe.  Was ist außer mir und was ist mit mir und durch mich? Dort, wo sich das objektive So-Sein mit der Handlung des Subjekts berührt, entsteht Wirklichkeit und mit ihr die Chance auf  Veränderung.

Na denn Prost! und „Viele Jahre“!

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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6 Antworten zu Das Zittern des Schattens (Tanizaki und kleine Beobachtungen)

  1. Linsenfutter schreibt:

    Da proste ich mit vielen guten Wünschen zurück.
    LG Jürgen

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  2. Als du mir mitteiltest, dass du just zu dieser Zeit das Buch ausgeliehen bekamst, schoss mir der Begriff der Synchronizität durch den Kopf. Das ich ihn jetzt in deinem neuen Beitrag finde ist zwar etwas nahliegender, aber immerhin…

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  3. Mit der rechten Hand fotografieren und links das Weinglas halten, ist schon eine Kunst!
    Ich bekäme das garnicht hin!
    Die Schatten an der Wand so eindrucksvoll festzuhalten, echt klasse!
    Durch das Zittern entsteht ein interessantes Bild! Das Buch kenne ich nicht, deswegen kann ich dazu nichts sagen!
    Liebe Grüße Babsi

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  4. Gisela Benseler schreibt:

    Dreierlei „Schatten“ und eine Art Philosophie.😊

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  5. Subjektives und Objektives sind im realen Leben unauflöslich verwoben, und das ist gut so.

    Ein wundervoller Satz, liebe Gerda!

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  6. pflanzwas schreibt:

    Tolle Schattenspiele liebe Gerda!

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