Informationen zu Myriades Impulswerkstatt .
Als ich Petras neuesten Beitrag zu Myriades „Impulswerkstatt“ sah, begann sich in mir eine Erinnerung zu regen. Ich hatte mich vor vier Jahren mit dem Thema der Versteinerung und Belebung befasst – und genau das ist es, was ich bei Petra dargestellt finde: sie zeigt u.a. einen Stein von der Insel Mön, den sie malerisch belebt, und Protestierende auf dem Taksim-Platz, die, so könnte man denken, dabei sind zu versteinern. Vielleicht versteinern sie aber auch nicht, sondern werden nur in ihrer Geste des Aufschreis festgehalten und können jederzeit wieder ins Leben springen.
In mehreren eigenen Beiträgen habe ich den Vorgang des Versteinerns und Belebens veranschaulicht (hier, hier, hier und hier). Für mich bleiben diese Arbeiten weiterhin aktuell, denn täglich läuft eben dieser Kampf ab: wie der Versteinerung entkommen, wie lebendig bleiben in dieser mir so schwer auf die Seele drückenden Zeit.
Ausgangspunkt meiner damaligen Bilderreihe war das Drama von „Lots Weib„, das mir angesichts einer von Myriade vorgestellten Skulptur erneut in den Sinn kam: https://gerdakazakou.com/2020/10/17/der-impuls-der-impulswerkstatt-wirkt-fort-lots-weib/ Dort schreibe ich: „Ich hatte, wie so oft, das Bedürfnis, Weiches gegen die Härte der Welt zu stellen. Nahm einen Kohlestift und zeichnete weich emporwachendes Pflanzliches, das die große Leinwand freudig einnahm“.
Diese pflanzliche Gestalt bearbeitete ich weiter, kippte sie, sie wurde zur Landschaft…
„Dann aber war mein weicher Impuls erschöpft. Ich löschte das Bild aus, drehte es erneut, und wo vorher Pflanzliches aus dem Zentrum erwuchs, ist nun eine Leere, umgeben von Felsstrukturen, die eng und steil emporragen und herabstürzen, kaum einen Durchblick lassend auf ebenes Land und den Spiegel eines Sees.“
Nach weiteren Bearbeitungen erscheint nun „Lots Weib“ in ihrem Ringen, die Versteinerung nicht in sich hineinwachsen zu lassen.
Ich ließ diesen „Impuls“ durch weitere Überarbeitungen und Neuansätze fortwirken, die ich ebenfalls im Rahmen von Myriades Impulswerkstatt dokumentierte. „In (der blau hinterlegten Kohlezeichnung) hat sich die Felsformation aufgespalten. Aus den beiden Felsen arbeiten sich weiche Menschenformen heraus. (…) Es ist ein Abschiednehmen, ein Hinnehmen und Gehenlassen darin. Der Schmerz des Abschieds versteinert nicht, sondern führt in weich fließender Bewegung jede Seele an ihren Ort. – Schmerz kann versteinern, aber er kann auch lösen und mit den Tränen ausschwemmen, was alt und überlebt ist.“
Hier die erste und letzte Fassung dieser Metamorphose, dazwischen (klein) die verworfene Lösung einer endgültigen Versteinerung und (groß) der Neubeginn mit einer Kohlezeichnung auf goldenem Grund, die dann zur letzten Version der beiden verlebendigten Figuren führt.
Dieser Prozess ist nie abgeschossen. Stets muss ich ankämpfen gegen Verhärtungsprozesse – seelische, geistige und körperliche Sklerose – um wieder zu verlebendigen, um weich und flüssig zu werden, um Altes loszulassen und Neues zu integrieren. Und ich denke, dieser Kampf ist nicht nur mein persönlicher. Erkaltende, verhärtende Prozesse finden auch in Gesellschaften und Staatsgebilden statt, und wenn sie zu weit fortschreiten, zerbrechen sie wie ein spröde gewordener Stein, der sich in Staub auflöst. Wie alles sich auflösen muss, was unlebendig geworden ist, damit es zurückgeführt werden kann in den Prozess des Lebendigen.
Interessant! Ich staune immer wieder! 😉 LG Michael
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Herzlichen Dank, Michael!
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Einfach wunderbar, dieser Gestaltungs- und Umwandlungsprozeß. Damit hast Du gleich viele neue Impulse gesetzt, für Dich und für andere und überhaupt weltweit, menschheitsbezogen. Denn die Schöpfung ist ja lebendig. Nur wir Menschen bringen Erstarrtes hinein, was viel Schaden anrichten kann. Im Fluß, in der lebendigen Bewegung bleiben!- Das lese icb daraus ab. Danke, ich freue mich!
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Danke, Gisela. ich meine, dass Erstarrung durchaus auch eine Tendenz der „Schöpfung“ insgesamt ist – und dass das, was wir Leben nennen, in ständigem Kampf gegen diese Erstarrung stattfindet. Jedenfalls, wenn wir das individuelle Sein betrachten: einen Stern, einen Planeten, einen saftigen Blattspross, einen weichen Welpen, einen zarten geschmeidigen Säugling … dessen Organismus bis zum arthrotischen Alten zunehmend verhärtet und im Sterben in Erstarrung übergehen wird. Auch das Denken wird im Alter oft starr („Altersstarrsinn“) – Das aber ist nicht unausweichlich wie der Verfall der einzelnen begrenzten Form. Im geistigen Tun können wir dem großen Ganzen verbunden und lebendig bleiben.
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Ja, und während solch eines lebendigen, mit dem großen Ganzen verbundene Tuns erneuern sich auch manche abgestorbenen Zellen, bzw. werden durch gesunde ersetzt.
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Ja.
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Natürlich hast Du auf Deine Weise auch recht.
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Einen Kommentar habe ich geschrieben und nicht wiedergefunden, einen zweiten und nicht wieder gefunden. Aber nein, sie sind beide da, nur stehen sie in den Kommentaren zur JUni-Einladung der Impulswerkstatt. Bitte dort lesen. Die Hitze fordert ihren Tribut .(
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Ich schau gleich mal. Auch hier ist die Hitze nun Dauerzustand geworden und nagt sehr an den Willenskräften.
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Ja, an meinen auch. Ich raffe mich noch auf, aber es ist ja nicht einmal noch Juli ….
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Das Ovidsche Prinzip etwas weiter getrieben und ein Lebensprinzip visualisiert. Finde ich sehr überzeugend.
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Danke, Joachim. An die Metamorphosen habe ich diesmal merkwürdigerweise gar nicht gedacht. Die dortigen Wandlungen sind ja auch ein wenig anders gelagert.
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Liebe Gerda, es begeistert mich geradezu , dass und zu was dich mein Beitrag inspiriert hat und wie eins deiner und unser aller Lebensthemen wieder so stark aufbricht ! Ich erinnere mich auch noch an einiges. Ein ähnliches Thema hatten wir ja auch in der Impulswerkstatt im Oktober 20 gestreift.
Dein zusammenfassendes Statement am krönenden Schluss finde ich besonders fesselnd! Liebe Grüße, Petra
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Danke, Petra! Deine Zustimmung freut mich natürlich ganz besonders.
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habe grade eine Dokumentation über die Colonia Dignidad gesehen… das Harte kann unermesslich sein… fast überall auf der Welt
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abgeschossen (sollte sicher ein l rein) und …kämpfen in einer Zeile, da haben wir´s, ja, das Leben ist nur ab und zu noch entspannt und zerfließend vor Glück zu genießen…
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Ach ja, das braucht es unbedingt:
Weiches gegen die Härte der Welt!
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… wie der Versteinerung entkommen, wie lebendig bleiben in dieser mir so schwer auf die Seele drückenden Zeit.
Wie sehr stimme ich Deinen Worten zu, liebe Gerda. Ich dachte, ich packe diese schwierige Zeit gut, aber nun merke ich doch. wie viel mir auf der Seele liegt …
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