„Danke“, sage ich zu Will.i, nachdem er mir sein aus dem Internetz gefischtes Wissen mitgeteilt hatte. „Nun bin ich ein bisschen besser über die Schneekristalle informiert. Vor allem weiß ich jetzt, dass sie sechseckig sind. Aber wie sehen sie denn nun wirklich aus? Mir scheint, es gibt da die verschiedensten Formen. Willst du mir nicht ein paar aufzeichnen?“
Will.i zeichnet ein etwas krakeliges einfaches Sechseck. „Ein Hexagramm“, sage ich. „Na gut. Und weiter?“ Er beginnt dann sehr schön mit einem weiteren Hexagramm, aber da gibt der Kugelschreiber den Geist auf. „Nimm den schwarzen!“ schlage ich vor, und so fügt er noch zwei „Auswüchse“ an die zentrale Kristallform an. Aber er ist unzufrieden. „Das sieht doof aus, so viel Gedrängel, nee, ich kann das nicht. Mach du mal weiter, du kannst besser zeichnen.“ Ich versuche, ihn zu überreden, aber er will nicht mehr. „Am Computer“, so sein Einwand, „macht das Zeichnen Spaß, da werden die Linien grade, und notfalls kann ich alles verändern oder auslöschen. Mit dem Kuli wird es Krickelkram.“ Mein eigener Zeichenversuch findet auch keine Gnade vor seinem kritischen Auge: „Das arme Kristall!“ sagt er grinsend zu meinem blumenhaften Gebilde, und so gebe ich auf. Überzeugender sind, da gebe ich Will.i recht, die kunstvollen Fotografien, die der amerikanische Bauer und Schneeforscher Wilson Bentley Ende des 19. Jahrhunderts aufnahm.
„Komm, gehen wir lieber spazieren!“ schlage ich vor. Unterwegs finden wir einen Haufen Asphodelen (Affodils) in schönster Blüte. „Die Blumen wuchsen im Garten des Hades“, belehre ich Will.i und zitiere auch noch aus der Odyssee, damit er nicht glaubt, ich sei völlig unwissend.
„Die Gestorbenen gingen vorbei an Helios Toren, am Ort, wo die Träume wohnen, und kamen dann schnell an ihr Ziel, zur Asphodelenwiese. Diese ist Raum und Behausung der Seelen, der Masken der Müden.
Das ist die Stelle, wo Odysseus seine Mutter und andere Tote am Eingang des Hades beschwört.“ Gern würde ich auch ein paar Zeilen unseres Nobel-Dichters Seferis loswerden:
„Es gibt keine Asphodelen, noch Veilchen und Hyazinten. Wie soll ich mit den Verstorbenen sprechen. Die Verstorbenen kennen nur die Sprache der Blumen“.
Aber dazu habe ich keine Gelegenheit, denn nun ist Will.i in seinem Element: Er zählt. Das tat er immer gern, und jetzt zählt er die Blütenblätter der Asphodelen und stellt fest: „Sechs! Das sind auch Hexagramme“.
So ist es. Rosengewächse tragen den Fünfstern, Liliengewächse den Sechsstern in sich. „Zu Hause“, schlage ich Will.i vor, „setzen wir uns hin und tragen zusammen, was wir über das Hexagramm wissen. Hast du Lust?“
Die Scheekristalle und die Blüten, – wunderbar! Was das allerdings mit dem Hades zu tun hat, begreife ich nicht; denn die sind doch Abbilder einer helleren, noch schöneren Welt.
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Ich bin dabei, ein wenig darüber nachzudenken. Weiß ist oft die Farbe des Todes, und das Hexagramm (der Sechsstern) ist die Vereinigung von Oben und Unten, Himmel und Erde.
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Weiß ist aber auch die Farbe des Lichtes und der Reinheit. Über den Sechsstern habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Ich würde da nichts zu sehr festlegen zuvor. Es gibt ja viele Wege, die uns Wahrheit erkennen lassen, in kleinsten Erkenntnisschritten.
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liebe Gerda, alles Gute wünsche ich dir, Klaus
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Danke, Klaus! Auch dir alles Gute!
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Danke für die vielen Infos, Gerda. Ich mag besonders dein Zitat von Odysseus, von dem ich als erstes von der griechischen Sagenwelt hörte. Meine Mutter las mir eine kindgerechte Fassung des Epos am Bett vor dem Einschlafen vor.
Liebe Grüße aus dem sehr schön verschneiten Berlin,
Susanne
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Dieser Ausdruck „Asphodelenwiese“ hat sich mir auch tief eingeprägt. Eine Freundin erzählte mir, dass am Kap Tainaros – in der tiefen Mani, wo man einen der Eingänge des Hades vermutete – , das ganze öde Vorland von Asphodelen bewachsen ist. Leider habe ich es noch nie geschafft, zur Blütezeit hinzufahren. Ist ziemlich weit von uns entfernt.
Auch hier hat es heute Nacht tüchtig geschneit, Athen liegt unter einer Schneedecke, und hier ist der Schnee bis zum Dorf am Berghang heruntergekommen. Halte dich warm, liebe Susanne! Herzliche Grüße! Gerda
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Ja, liebe Gerda, Warmhalten ist tatsächlich angesagt, es hat in Berlin wieder die ganze Nacht geschneit. Es klingt spannend, dass ihr nicht weit weg von einem der vermuteten Eingänge des Hades wohnt. Die Frage, die ich sofort im Kopf hatte war, ob er auch als Ausgang genutzt werden konnte?
Liebe Grüße aus dem weißen Berlin von Susanne
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Die einzige, von der man weiß, dass sie periodisch den Hades verlässt, ist die Herrscherin Persephone selbst. Sie – Tochter der Erd- und Getreidegöttin Demeter – ist die Frühlingsgottheit, die hervorbricht aus dem dunklen Boden. Die Asphodelen sind ihr geweiht.
Geister von Verstorbenen ist der Rückweg verwehrt.
Hier ist es auch eiskalt geworden, gestern hat es in Griechenland stark geschneit, auch oberhalb von uns auf den Bergen, aber bei uns hier unten schneit es nie. Heute strahlt die Sonne – eine „Sonne mit Zähnen“, wie man hier sagt.
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Persephone mag ich besonders in der Darstellung von Dante Rossetti. Rothaarig hält sie einen Granatapfel in der Hand.
Ein Thema, zu dem ich viele Bilder im Kopf habe.
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Was für ein wundervoller Artikel über hexagramme und die eisigen Kristalle mit ihren verblüffenden Formen. Was sich im einer einzigen Flocke verbirgt ist ein Wunder, liebe Gerda
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Ja, liebe Bruni, in der Natur ist alles Wunder! Wie soll man es fassen, wie begreifen? Nur das Staunen bleibt. Oder man wendet sich der Geometrie zu, deren einfache reine Formen sich in vielfältigster Weise im Lebendigen – ob Wasser, Eis oder Blume – offenbaren.
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Bei den Abbildungen der Schneekristalle, die wir dem Schneeforscher Wilson Bentley verdanken, kam mir wirklich das große Staunen. So hatte ich sie lange nicht gesehen.
Liebe Gerda, ich bin zur Zeit mal wieder sehr eingeschränkt, weil ich eine Rückenwirbelorthese tragen muß und deshalb nicht so lange vor dem Laptop sitzen kann.
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