IV Der Herrscher (Legebild-Collagen)

Die bisherigen Tarot-Karten in meiner sehr persönlichen Lesart siehst du hier noch mal vereint:

(Falsch durchnumeriert: O Narr -I Magier, Magierin – II Hohepriesterin – III Herrscherin

Nun also IV „Der Herrscher“. Was ist ein guter Herrscher? fragte ich meinen Mann am Mittagstisch. Und so redeten wir hin und her, kamen auch auf die riesigen Wandgemälde von Lorenzetti in Siena: „buon governo“ – gute Herrschaft ist, wo alles blüht, die Menschen in Frieden ihren Berufen und Belustigungen nachgehen, Recht gesprochen wird, der Warenaustausch durch keinen Krieg gehemmt wird…. 

Und woran erkennt man einen guten Herrscher? Nun, an den Ergebnissen. 

Ein Herrscher regiert mithilfe von Gesetzen,  Verordnungen, Institutionen.  Er ist ein Funktionsträger. Seine persönlichen Eigenschaften sind unerheblich. Ob weiß oder schwarz, Mann oder Frau, es ist gleich. Er ist austauschbar. Und er wird in einem demokratischen Gemeinwesen ausgetauscht, wenn die Ergebnisse nicht stimmen.

Da sitzt er nun, der Herrscher. Ein Gesicht braucht er nicht. Ob Mann oder Frau – egal. Die Kleidung – unerheblich. Wichtig ist seine Position, also der Stuhl, auf dem er sitzt. In der Hand hält er ein Gesetzbuch, die Verfassung, Verordnungen…. Der gute Herrscher sieht darauf, dass Gesetze – ohne Ansehen der Person – eingehalten werden. Das Ergebnis seiner Anordnungen rechtfertigt diese oder rechtfertigt sie nicht. Bleiben die guten Ergebnisse aus, muss er gehen.

Manchmal, wenn der Herrscher, wie gerade jetzt, einen Tiger reiten muss, bekommt er fast menschliche Züge.

Ich gebe zu, angesichts der strahlenden Herrscherin wirkt der Herrscher ein wenig blässlich. Dieser Gegensatz ist gewollt: „Herrscherin“ ist, wer im vollen Einklang mit der Natur und mit sich selbst lebt, Herrscher, wer die Funktionen der Staatsführung ausübt.

Als Mensch sollte der Herrscher ein Beherrschter sein: jemand, der seine Triebe, Instinkte, Gefühle, Impulse, Leidenschaften beherrscht. In dieser Beherrschtheit besteht seine Tugend, seine Weisheit. Er opfert, was ihn persönlich ausmacht, zugunsten eines Handelns nach vorgegebenen überprüfbaren Prinzipien und Normen. Wie gesagt: am Ergebnis und nicht an seinem Charme und seiner persönlichen Ausstrahlung entscheidet sich, ob jemand ein guter oder schlechter Herrscher ist. Leider sehen viele das anders und meinen, der Herrscher sei nach seinen persönlichen Tugenden oder seiner Attraktivität zu beurteilen. Und weinen Herrschern nach, die nur Mist gebaut und Verderben über die Leute gebracht haben…..

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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15 Antworten zu IV Der Herrscher (Legebild-Collagen)

  1. Gisela Benseler schreibt:

    Gerda, ich betrachte das Bild des Herrschers schon eine Weile. Er wurde ja mit seinem Stuhl ins Bild geschoben, war vorher nicht da. Ich fand es vorher,irgendwie lustiger, freier, schöner, vielfätiger, beweglicher… das Leben am Strand. Er sitzt da irgendwie wie ein fremder, der nicht so,recht ins Bild passen will, und man fragt sich: Muß er überhaupt da sein mit all seinen Gesetzen? Es funktionierte vorher doch auch, vielleicht sogar besser. Wenn nun all die vielen Gesetze und Paragraphen wirksam werden, entsteht ein Druck auf die Menschen. Sie leben dann nicht mehr nach bestem Wissen und Gewissen, müssen sich nicht mehr selbst entscheiden und die Verantwortung für ihr Tun übernehmen, sondern müssen sich Anordnungen und Gesetzen beugen, deren Wert und Richtigkeit,ihnen oft gar nicht einleuchten. Und wenn sie dann unzufrieden sind mit ihrem Herrsxher, hat der es auch nicht gut und muß bald wieder abtreten. Die anderen werden es aber auch nicht viel besser haben. So geht einer nach dem anderen, weil die Menschen ihre Herrscher eigentlich gar nicht wollen. Aber Herrscher wollen nun mal herrschen, sonst gäbe es sie ja nicht. Was wird folgen? Eine Diktatur?

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    • gkazakou schreibt:

      Guten Morgen, Gisela. Ich lache über den Ausdruck: er wurde ins Bild geschoben. Ja, er ist irgendwie ein Fremdkörper, der das lustige Treiben am Strand nicht mitmacht. Im guten Falle sorgt er dafür, dass dieses Treiben tatsächlich lustig bleibt und nicht irgendwer herkommt uns sagt: haut ab, ich baue hier meine Villa. Oder sagt: die Frauen sollen verschwinden, die Männer dürfen bleiben. Oder lustig seinen Müll dort ablädt. Oder den Strand mit seiner Musik beschallt, die nur er liebt und die anderen stört.
      Du meinst nun, dass die Menschen ja eigentlich gut und vernünftig wären? und die äußeren Gesetze sie nur verderben und in die Rebellion treiben? Das meinte auch Rousseau: dass der Mensch von Natur aus gut sei und die zivilisatorischen Eingriffe ihn verdorben hätten. Ich kann das nicht beurteilen, denn ich kenne keine „puren“ Menschen. Auch Neugeborene sind keine unbeschriebenen Blätter, und die Erwachsenen sowieso nicht. Wir alle sind geprägt von gesellschaftlichen Verhältnissen.
      Sicher: Wenn die Menschen sich verantwortlich gegenüber ihren Mitmenschen verhielten und das Gemeinwohl im Auge hätten, bedürfte es keines äußeren Gesetzes und keines äußeren Herrschers. Ich glaube, darin stimmen wir alle überein. Momentan ist der wirksamste „innere Herrscher“ weniger die Einsicht als die Angst. Das ist leider so, und wenn wir Menschen nicht in unsere Kraft kommen, führt diese Krise direkt in die Katastrophe – die Unterdrückung jeder freien Bewegung und schließlich auch des freien Denkens.

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      • Gisela Benseler schreibt:

        Ja, Gerda, ich glaube darin sind wir uns einiger, als es bisher erschien . Das kann ich eigentlich alles widerstandslos unterschreiben. So hat diese Krise auch ihr Gutes: Daß wir entdecken, wie einig wir uns eigentlich sind. ❤

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  2. elsbeth weymann schreibt:

    Im Moment erleben wir weltweit einen ALLES-Beherrscher: das Corona Virus. Deine Foto-Collage mit Herrscher und Narr vor dem weiten Meer scheinen mir auf künstlerische Art einen direkten Bezug zu unserer momentanen Weltsituation zu haben !!! Denn gesucht wird dringend in all den stündlichen Schreckensmeldungen der “ innere Herrscher“.
    Noch ist er gesichtslos… also erst noch individuell zu „füllen“. Hinter ihm, in seinem Rücken, dort wo die Inspirationen herkommen: der Narr, der IMMER die Wahrheit, vor allem die unbequeme, sagt. Und das weite, immer sich in Bewegung und Verwandlung befindende Meer…
    „Den inneren Herrscher finden“, sehe ich im Moment als großes Thema. Eine ehemalige Schülerin von mir, Ärztin, Sport-und Arbeitsmedizinerin, hat in einem Radiointerview für die jetzige Situation eine ganze Reihe guter Ratschläge gegeben. Hilfen zum konkreten TUN, zur Besonnenheit, Wachheit, Verantwortung. Ich gebe es mal weiter…
    Herzlichen DANK für deine vielen, lebendigen und freilassenden Anregungen. Gedanklich und gestalterisch. Kunst –in all ihren Arten und Formen– empfinde ich, gerade jetzt ,wie tägliches Brot.
    Herzlich,
    Elsbeth

    https://www.br.de/nachrichten/sport/immunsystem-ankurbeln-mit-ausdauer-und-atemmuskel-training,RtmawI3

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    • gkazakou schreibt:

      Danke von Herzen, Elsbeth. Der „Innere Herrscher“ – meinst du damit den, den jeder in sich ausbilden kann bzw den es immer schon gibt (das Gewissen oder die innere Stimme, das Mitgefühl, die Liebe), dem wir aber nicht gern gehorchen? Täten wir es, wären wir gar nicht in der Situation, einen äußeren zu brauchen. Ich bin von meinem ganzen Wesen und meinem Bewusstsein her eine Anarchistin – eine, die keine andere Archi (Beginn, Herrschaft) anerkennt als die, die in meinem Herzen lebt. Aber auch bei mir ist die Stimme dieser Archi oft schwach, und so bleibt auch mir die äußere Herrschaft nicht erspart, ich arrangiere mich so gut ich kann. Er fällt mir aber schwer, denn die von außen auferlegten Maßnahmen schützen zwar mich, weil ich ein komfortables Haus und genug Geld habe, nicht aber die Armen, deren letzte Zuflucht das Außen ist: die Straße, die Mildtätigkeit Vorübergehender. Diejenigen, denen ich immer etwas abgab – sie sind verschwunden. Wo sind sie? frage ich mich angstvoll. Und all die in prekären Jobs, ohne Versicherung und Verträge, wo sind sie jetzt? Man raubt ihnen den letzten Rest ihrer Autonomie: sich frei zu bewegen. Ich sehe sie nicht mehr. Was kann ich tun, um sie zu erreichen?
      Momentan ist es wohl so, dass ein äußerer Herrscher weltweit verinnerlicht wird, und der heißt Angst und Kontrolle. Er ergänzt faktisch den mehr oder weniger ungebrochenen Egoismus, wo jeder tut, was ihr sich leisten kann, auch wenn es anderen schadet. Auch das ist Anarchismus, der Anarchismus des kapitalistischen Systems, der als einzige Archi den Bereicherungstrieb anerkennt.
      Später schaue ich deinen link an, für den ich dir danke. Von Herzen, Gerda

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  3. Ulli schreibt:

    Guten Morgen, neuer Versuch – gestern hat mich der PC dreimal rausgeschmissen, sodass mein Kommentar immer wieder weg war und dann hatte ich keine Lust mehr.

    Wie definierst du Persönlichkeit? Warum ich frage? Weil du geschrieben hast, dass die Persönlichkeit eines Herrschers nach hinten zu treten hätte oder keine Rolle spielen dürfte.

    Du bist das was du tust, nicht das was du sagst, fiel mir dazu spontan ein. Die Persönlichkeit eines Menschens, die sich aus vielen Anteilen zusammensetzt, bestimmt sein Handeln. Beherrschen sollte ein Herrscher die Emotionen und nicht nur ein Herrscher, eine Herrscherin.
    Für mich spielt es übrigens durchaus eine Rolle, ob eine Frau oder ein Mann regiert. Zwar zählen bei beiden die Ergebnisse, darin stimme ich mit dir überein, aber eine Frau bedient sich anderer Methoden und hat auch oft andere Schwerpunkte in ihrem Handeln, solange sie männliche Methoden nicht adaptiert hat.
    Ich freue mich auf deine Antwort, liebe Gerda,
    herzlichst, Ulli

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  4. gkazakou schreibt:

    Die „persönlichen Eigenschaften“, sagte ich, nicht „die Persönlichkeit“. Das Produkt (nicht die Summe) aller dieser Eigenschaften ist dann die Persönlichkeit – jede anders. Und ja, im Handeln zeigt sie sich, wird sie offenbar.
    „Selbstbeherrscht“ sollte jeder sein, richtig. Der „Herrscher“ ist eine archetypische Qualität, die für alle gilt (genau wie alle anderen Qualitäten. Du kannst jede Karte ziehen, und immer wird sie dir etwas über dich sagen)-
    Elsbeth schreibt oben vom „inneren Herrscher“. Und ich antwortete, dass, solange dieser innere Herrscher nicht stark ist, der äußere Herrscher in seine Rolle eintritt. Dieser Herrscher übernimmt dann die Regie und sorgt im guten Fall dafür, dass die ungezügelten Triebanteile der Einzelnen nicht das Gemeinwohl gefährden.
    Damit ein Herrscher seine Rolle gut ausfüllen kann, muss er selbstbeherrscht sein, darf also nicht selbst seine ungezügelten Triebanteile ausleben – gerade weil er, als der Mächtige, dazu gesteigerte Möglichkeiten hätte. Viele „Herrscher“ entgehen dieser Gefährdung nicht, sie bereichern sich, nutzen ihre Stellung für Vorteilsnahme jeder Art, leben ihre wüsten Instinkte aus, sind selbst angstgeplagt, leiden unter Verfolgungswahn…. und vergrößern dadurch das Übel, zu dessen Einfriedung sie eingesetzt sind.. .
    Ob Frauen und Männer unterschiedliche Schwerpunkte setzen und andere Methoden einsetzen? Ich habe den Eindruck, dass jeder Herrscher seinen eigenen Stil entwickelt und einer unterschiedlichen Agenda folgt. Vergleiche mal Obama und Trump. Beide sind Männer. Um sie als Herrscher zu beurteilen, muss man sich die Ergebnisse ihres Regierens ansehen – ganz unabhängig davon, wer einem „sympathischert“ ist.

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  5. Susanne Haun schreibt:

    Liebe Gerda,
    einem guten Herrscher merkt man Ruhe, Besonnenheit, Intelligenz und ja – auch Macht an. Aber sie oder er weiss diese Macht gut zu gebrauchen. Bei einem schlechten Herrscher führt die Macht zur Diktatur. Wir haben das in der Geschichte schon oft erlebt.
    Ich bewundere manchmal Queen Elizabeth als Herrscherin, jedoch ist sie auch ohne Macht. Aber ich denke, alles private steht hinter ihrer Königswürde und dem Königshaus. Das lässt sie sehr kalt erscheinen.
    LG Susanne

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    • gkazakou schreibt:

      danke, Susanne. Ja, dies „Eingefrorene“ der Königin ist wohl die Folge ihrer ausgeübten Rolle. Diana war menschlich fassbarer, aber sie scheiterte an ihrer Rolle. Und die jungen Nachfolger versuchen ebenfalls, der Rolle zu entkommen, um ihre Menschlichkeit zu retten. Im Grunde darf der Monarch keinen Eigenwillen haben, sondern soll nur das Regelwerk verkörpern und ihm dadurch ein menschliches Gesicht verleihen. Elisabeth ist darin perfekt. .

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  6. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Eine ganz wundervolle Erklärung des Herrschers im eigentlichen Sinne. Ich stimme Dir voll und ganz zu, weil es auch meine eigene innere Überzeugung ist, nur der herrscht GUT, der seine eigenen Gefühle und Triebe im Griff hat, sie nicht in seine Rolle des Herrschen mit einfließen läßt. Seine Persönlichkeit nimmt er zurück, geht in seine innere Person, in sein tiefes echtes Empfinden für das Große und Ganze. Eine Vorstellung, die leider zu oft nicht der Wirklichkeit entspricht.
    Deine Legefigur der Herrschers passt!

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  7. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Eigentlich schon, aber er darf seine andere Seite dezent ausleben im Hintergrund, wenn er in der Lage ist, Herrschen und Lust voneinander zu trennen, damit er unangreifbar bleibt.
    Eigentlich kaum möglich, oder?

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