Ein ferner Spiegel oder Bir-Bu-Rekba

Ich schrieb es in meinem heutigen Beitrag: dieses Bild hängt mir genau gegenüber, wenn ich am Schreibtisch sitze. Sehr viele von euch kennen es noch nicht Ich habe den Text jetzt noch mal gelesen und finde auch ihn lesenswert und hoch aktuell. Drum möchte ich ihn rebloggen.

GERDA KAZAKOU

„Zu diesem Zweck machten wir uns auf, ein Stück zu Fuß zu gehen nach der Eisenbahnstation Bir-Bu-rekba. Auf diese Weise setzten wir uns selbst in die Lage, mit unserem europäischen Äußeren das Landstraßenbild zu beleben, natürlich in –   Nicht … Denn wenn vom Z… gesehen…“

hommage a Paul Klee Bir-Bu-Rekba (c) Gerda Kazakou

Paul Klee notierte diese Sätze am Mittwoch, 15.4.1914 in sein Tagebuch. Der erste Weltkrieg stand schon in den Startlöchern, war aber noch nicht angekommen am kleinen Bahnhof Bir-Bu-Rekba. Der liegt irgendwo in Tunesien, ich habe ihn vergebens auf Google Earth gesucht. Paul Klee sieht sich selbst und seine Malerfreunde auf der Landstraße inmitten einer orientalischen Szenerie auf den Bahnhof zuschreiten. Er tut das in einem Akt der Bewusstseins-Spiegelung – einer Selbst-Reflexion. Drum habe ich seine Notiz spiegelbildlich ins Bild gesetzt. Für euch habe ich den Bildausschnitt umgedreht.
Gemalt habe ich das Bild in einem Jahr, als Algerien von einem…

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Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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17 Antworten zu Ein ferner Spiegel oder Bir-Bu-Rekba

  1. Christiane schreibt:

    Paul Klee weilte am 14. April in Hammamet und brach am 15.April nach Kairouan auf (Wikipedia, Stichwort „Die Tunisreise“). Bir-Bu-Rekba schreibt sich heute auf Google Maps „Bir-Bou-Reckba“ und liegt ganz nah bei Hammamet. Es hat einen Eintrag in der französischen Wikipedia, dort gibt es (wenn ich das richtig interpretiere, ich kann kaum Französisch) auch ein Bild des Bahnhofs: https://fr.wikipedia.org/wiki/Bir_Bouregba
    Was wir Deutschen und Deutschland überhaupt für Neuankömmlinge für ein Bild abgeben, frage ich mich auch oft. Aber vermutlich sind die Antworten so vielfältig wie die Befragten – zum Glück.
    Nachdenkliche Grüße
    Christiane

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    • gerda kazakou schreibt:

      Herzlichen Dank, Christiane, für den link mit dem Bahnhof, der mir allerdings doch recht neu zu sein scheint. Aus dem Text: Interessant ist, dass es hier schon eine punische Siedlung gab, mit Götterstatuen (Baal und Isis), aber ich denke, auch die haben unsere Reisenden 1914 noch nicht bewundern können. Wie viele Menschen damals dort wohl lebten? Heute ist es eine Kleinstadt mit ca 14 000 Menschen, die zur Großgemeinde Hamamed gehört. Die „Tunisreise“ ist eines meiner hochgeschätzten, Kunst-Bücher.

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      • Christiane schreibt:

        Ja, vermutlich ist es dem Anschein nach ein neuer Bahnhof, wobei sie den alten ja auch modernisiert haben könnten, der muss ja nur 100 Jahre gehalten haben und war vermutlich damals im frz. Stil, denkst du nicht?
        Immerhin GAB es einen Bahnhof, so klein und unbedeutend der Ort gewesen sein mag, das muss einen Grund gehabt haben. Schreibt Klee nichts weiter darüber? Schade, wir wissen so wenig, und du bestimmt noch weit mehr als ich.

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    • gerda kazakou schreibt:

      Ich habe eben noch ein bisschen zu Hammamet gelesen (auf französisch gibt es doch etliches) und danach zu urteilen, hat sich die Gegend total verändert seither. Der Tourismus hat arg zugeschlagen, von dem einst idyllischen Ort inmitten landwirtschaftlich genutzter Flächen sei nichts übrig. Hammamet liegt am Meer, drum ist es besonders zu Schaden gekommen. Wie es im Inland aussieht? Weiß ich nicht. Ich war leider nie inTunesien, nur in Algerien. Liebe Grüße dir!

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      • www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

        Ich war vor vielen Jahren in Monastir, das ist aber etwas mehr als 100 km von Hammamed entfernt und ich erinnere mich nicht mehr sehr gut.
        Großen Eindruck haben mir aber die Ruinen von Kathago gemacht und ich kann mir gut vorstellen, wie Klee das Land mit den Augen der Geschichte gesehen hat und sich all das in seinen Bildern zeigt.

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    • gerda kazakou schreibt:

      danke, Bruni, für diesen Zusatz. Ich meine mich zu erinnern, dass in Klees Tagebüchern wenig von der Geschichte des landes zu lesen ist. Er war von den Farben und Formen der arabischen Welt fasziniert, er suchte und fand sich. .

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      • www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

        Ja, das war er auf jeden Fall und das bisschen, was ich damals davon gesehen habe, hat mich auch beeindruckt, z.B. ein bewohntes Berberdorf, eine bis zur Decke gekachelteTeestube, eine Oase, ein Blick in die Wüste, aber es war wenig, liebe Gerda, und so lange her. Ich müßte so 25 Jahre alt gewesen sein *lächel*

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    • gerda kazakou schreibt:

      Liebe Bruni, auch meine Erinnerungen an Algerien sind sehr fern, 56 Jahre sind seither vergangen, aber einiges ist mir in lebhaftester Erinnerung, darunter die füllige Frau in schwarz, die am Boden saß und das Maismehl für Kouskous durch ein grobes Sieg schüttelte, Das Sieb hatte die Form eines Tamburins, es gab etliche davon, größere und kleinere, sie wurden nacheinander benutzt, um die richtige Größe der Kügelchen herzustellen. Oder die Frau am Strand, die ein riesiges Reisigbündel auf dem Rücken trug, während die Männer in Gruppen herumstanden und diskutierten. Oder die Lastwagen mit jungen Männern, die zu politischen Versammlungen fuhren, wo Ahmed ben Bella sprach, ihr Held. Es war wenig nach der Befreiung Algeriens von der französischen Koloniallherrschaft. Jetzt, nach dem erzwungenen Rücktritt des uralten Präsidenten Bouteflika, der schon unter Ben Bella Minister war, ist Algerien wieder am Brodeln. …
      Übrigens ist das Bild in Wirklichkeit tatsächlich viel schöner als auf dem Foto.

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      • bruni8wortbehagen schreibt:

        Deine Erinnerungen haben sofort Bilder in mir geweckt und nun erinnere ich mich auch wieder an einen Markt, bei dem Kamele begutachtet und verkauft wurden, an die stsubige Hitze dort, das Rufen und Feilschen. Einen sehr kleinen Teppich haben wir erstanden, aber er existiert nicht mehr *lächel*.
        Daß Dein Bild in wirklichkeit noch viel wundervoller ist, das glaube ich sofort, liebe Gerda.

        Daß es dort brodelt, habe ich mitgekriegt, aber den aktuellen Stand kenne ich nicht.

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  2. pflanzwas schreibt:

    Tolle Bilder liebe Gerada. Ich bin beeindruckt. Erinnert fast an Klee. Ich mag dieses Collagenartige mit den Textstücken sehr. Sehr spannend!

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  3. kowkla123 schreibt:

    Liebe Gerda, bleib oder werde gesund rufe ich dir heute zu, Klaus

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  4. kowkla123 schreibt:

    beste Grüße von mir für dich, Klaus

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  5. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Ein wundervolles Bild hast Du geschaffen, liebe Gerda. Deine Inspiration durch Klee ist zu erkennen und das Unheilvolle, das er wohl damals schon vor Augen hatte. Diesen bösartigen unsinnigen Krieg, dem dann ja auch im September schon Macke zum Opfer fiel …
    Dein Bild würde ich zu gerne nun im Original sehen, nachdem ich jetzt alle meine Erinnerungen ein klein wenig aufgefrischt habe.

    Liebe Gutenachtgrüße von Bruni

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