Ein erster Tag

Wie sieht so ein erster Tag nach 4 Monaten Abwesenheit aus? Ein Großspaziergang mit dem Hund – die ganze Runde, den Berg hoch, dann vom Pfad auf dem Olivenhang der Panoramablick hinab zum Meer, diesem folgend hinab und wieder hinauf auf einem Feldweg, von dem nach schweren Unwettern nicht mehr viel übrig geblieben ist.
Die Natur scheint mir merkwürdig zurück zu sein. Die Bäume wie angestrengt, das Gras niedrig, wenig Blühendes. Später höre ich: ja, es habe zwei Monate lang nur geregnet, keine Sonne, und an vier Tagen habe es heftig gehagelt, Hagelkörner groß wie Kinderfäuste hätten den Boden bedeckt. Auch sei der Frost bis ins Tal gekommen. Nachdem schon die Olivenernte wegen Käferbefall ausfiel, seien jetzt auch die Gemüsebauern pleite. Ich verstand nun auch, warum von der Abdeckung meines Autostellplatzes und unseres Sommerlagers auf der Turmterrasse nichts übrig geblieben ist außer einem Haufen Schilfrohrspräu.

Zu Mittag essen wir – nach ausgiebigem Einkaufen und anderen Erledigungen – beim Thiassos („Theatertruppe“), einer sympatischen Taverne unter riesigen Platanen im Stadtzentrum von Kalamata, allerlei Leckereien: Knoblauchpaste,  Rote-Beete-Salat, gefüllte Weinblätter, Fava (Kichererbsenbrei), kleine schwarze Oliven, Zucchini-Bällchen, dazu  einen weißen Hauswein, ofenfrisches Brot und natürlich eine Karaffe mit kühlem Wasser, einen Nachtisch namens „Milchpitta“ mit Zimt und ein Tässchen leicht gesüßten griechischen Kaffee. Es ist warm und das Leben fühlt sich wie ein Lustspiel an.

Zu Hause wartet der Hund, den wir nicht mitgenommen hatten. Nachmittagsspaziergang, der an die Bucht des Sandova-Baches führt. Es ist frühlingshaft, etwas dunstig, und ich spüre die Müdigkeit der Reise. Ein Päuschen auf einem Stein, diverse Anrufe kommen rein, gehen raus,  ein zweites Päuschen bei der Lieblings-Taverne Babis für ein zweites Käffchen, zum Glück bin ich per Auto und muss nicht per pedes heimschleichen.

Ausruhen auf dem Sofa und dabei unglücklicherweise den halben heute gekauften „Spiegel“ lesen, der mich wie gewöhnlich anwidert, den ich aber dennoch nicht beiseite legen kann. Schließlich „muss man ja wissen, wie die denken“. Auf dem iphone lese ich eure Messages, mit denen ihr mir einen guten Aufenthalt wünscht, und freue mich sehr darüber, bin gerührt über so viel Anteilnahme. Lese auch eure Blogs, auf einigen hinterlasse ich Kommentare.

Und schon ist Abend, wir essen ein wenig, reden, planen und gehen zusammen im Licht des Vollmonds spazieren. Die knorrigen schwarzen Stämme der Oliven spielen Schattentheater auf der hellen Landstraße. Die Luft dringt kalt und feucht in die Lungen.

Gezeichnet habe ich heute nicht, und auch nur wenig fotografiert.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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45 Antworten zu Ein erster Tag

  1. kunstschaffende schreibt:

    Einr sehr schöne Beschreibung Deines ersten Tages mit Fotos!
    Ich wünsche Dir, Tito und Deinem Mann eine wundervolle Zeit in Deiner geliebten Mani!🤗👍🙋‍♀️

    Liebe Grüße Babsi

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  2. chris schreibt:

    Den Spiegel lese ich schon lange nicht mehr,
    die können heute alle nicht mehr schreiben.
    Der Winter bei euch hört sich gruselig an:
    da war ja hier fast besseres Wetter – die
    armen Bauern… 😦

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    • gkazakou schreibt:

      Weißt du, für mich war der Winter in Ordnung. Ich bin ja kein Bauer, muss nicht von der Ernte leben. Der viele Regen ist immerhin gut für die Quellen. Besser als zu viel Sonne. Heute genieße ich freilich den hellen Tag. Ab Samstag sind wieder Unwetter angesagt.

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  3. mmandarin schreibt:

    Du hast mich mitgenommen, ob du es wolltest oder nicht. So lebendig und präsent, dass ich gerne einfach weitergelesen hätte. Derzeit lese ich das Buch von dem Philosophen Jürgen Wiebicke, „Zu Fuß durch ein nervöses Land“ das ist ähnlich eindringlich geschrieben. Und es macht Lust, selber zu schreiben. Seit gestern faste ich und da bin ich wohl doppelt empfänglich für innere Prozesse. Liebe Gerda, schreib weiter, Hab einen guten Tag, Alles Liebe, Marie

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    • gkazakou schreibt:

      Danke Marie! Fasten, jetzt? Wir haben doch erstmal Karneval!

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      • mmandarin schreibt:

        Aber dieses Jahr ist Karneval so spät. Außerdem habe ich damit sowieso nichts am Hut. Ich gehe dann in die Eifel meditieren, das passt gut nach dem Fasten, ich mache es auch nicht aus spirituellen Gründen, sondern einfach für die Gesundheit und Säuberung. Es tut einfach gut und sensibilisiert. Und es hilft außerdem, noch einmal darüber nachzudenken, was mich wirklich nährt. Ich freue mich jetzt schon darauf, alle Köstlichkeiten zu essen, die du beschrieben hast. Hmmmmmm. (Hier gibt’s um die Ecke einen phantastischen Griechen) Liebe Grüße, Marie

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  4. Ulli schreibt:

    Liebe Gerda, es ist schrecklich zu lesen wie es den Bauern bei euch geht, das macht mich traurig.
    So viel Wetter, so viel Ungutes in der Welt … aber du zeigst wunderbare Bilder, bei denen ich meinen könnte, die Welt wäre gut so, wie sie ist – die ewige Schaukel …
    Hör bitte auch auf deine Knochen – ich denke an dich,
    liebe Grüße
    Ulli

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  5. Hedwig Mundorf schreibt:

    Das fühlt sich so richtig nach Urlaub an, liebe Gerda. Habt eine schöne Zeit!

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Hedwig, als Rentnerin ist der Urlaub ein Dauerzustand. 😉 Ich arbeite hier nicht weniger als in Athen, eher im Gegenteil. Hab grad meine erste Sitzung mit einer jungen Frau hinter mir …

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  6. Arno von Rosen schreibt:

    Guten Morgen liebe Gerda, du hast so wundervoll berichtet, dass es keine Bilder benötigt hätte, um mir alles vorstellen zu können. Ich freue mich über deinen entspannten Tag und über die wundervollen Fotos!

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  7. Christiane schreibt:

    Auch ich mag die Beschreibung deines Tages, aber mindestens ebenso die entspannte Stimmung, die aus den Fotos zu mir herüberschwappt.
    Mach langsam und pass auf dich auf.
    Liebe Grüße
    Christiane

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  8. afrikafrau schreibt:

    alles ruhig angehen lassen, genieße deine Zeit in einer friedvollen Umgebung…..

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  9. …ein sehr schöner Tag! 🙂

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  10. wechselweib schreibt:

    Herrlich und sehr lecker!

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  11. kowkla123 schreibt:

    alles Gute wünsche ich dir, möge es bei dir auch so schön sein, wie bei uns, Klaus

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  12. Myriade schreibt:

    Schön, wenn man zwischen zwei Wohnsitzen pendelt, das muss immer wieder ein kleiner Neuanfang sein- Wünsche dir eine gute Zeit in der Mani-

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  13. Peter Klopp schreibt:

    Ich erinnere mich noch gut an meinen Schwiegervater, der ein fanatischer Spiegelleser war. Sein Weltbild war vom Pessimismus verzerrt. Also sei vorsichtig, liebe Gerda!

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    • gerda kazakou schreibt:

      Lieber Peter, danke, aber keine Sorge: ich bin keine Spiegelleserin. Mich stößt das Menschenbild, das dort verbreitet wird, meistens ab. Und die politische Linie ist für mich in den letzten Jahren unerträglich geworden. Dennoch lese ich ihn ab und an, da er ja immer noch sehr Meinungs-prägend ist, und um mich in meinen „Vorurteilen“ bestätigt zu sehen.

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  14. Petra Gust-Kazakos schreibt:

    Hach, schön! Ich freue mich schon auf den Mai : ) Liebe Grüße
    Petra

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  15. mynewperspective schreibt:

    Danke Dir ganz herzlich für das Mitnehmen, liebe Gerda. Es wirkt, als ob ich selbst vor Ort wäre. Bei dem Wort Oliven (kommt ja öfters im Text vor) schlug mein Herz immer mit, auch wenn die Situation mir den Bauern natürlich keine schöne ist. Kalamata Oliven(öl), liebe ich am meisten. … Und wie ich lesen kann, liest Du auch die Lektüre eines meiner ehemaligen Arbeitgeber, wenn auch eher wiederwillig, wie es scheint. Es gibt ja die ein oder andere Geschichte aus dieser Zeit, die ich mit Euch namenslos teile. … Auf jeden Fall wünsche ich Dir weiterhin einen sehr schönen Aufenthalt und freue mich auf weitere Berichte.
    Herzliche Grüße
    Serap

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    • gerda kazakou schreibt:

      So so, bei denen hast du gearbeitet…. Ich sags nicht weiter, sollte besser anonym bleiben. 😉

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      • mynewperspective schreibt:

        Eine Dekade ist es jetzt her, liebe Gerda. Wie die Zeit vergeht. Damals hatte es auch einen anderen Ruf als heute. Gelesen habe ich die Publikation (auch damals) nicht. Das war offiziell bekannt. Auch wenn es dort keiner hören wollte. Für die Redaktion habe ich nicht gearbeitet, aber mit ihr … und einige wertvolle Freundschaften aus der Zeit halten immer noch.

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  16. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Ankommen dauert, liebe Gerda,
    aber ich habe nach dem Lesen Deiner ausführlichen Zeilen das Gefühl, daß Ihr nun wirklich angekommen seid. Das miese Wetter habt Ihr zwar nicht selbst mitbekommen, aber durch Erzählungen seid Ihr nun auf dem neuesten Stand.
    Das alles gehört zum Ankommen nach längerer Abwesenheit ja unbedingt mit dazu.

    Und nun bitte nicht gleich überfordern! Langsames Ankommen tut auch gut

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  17. kormoranflug schreibt:

    Das Leben als Lustspiel ein schöner Slogan.

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  18. finbarsgift schreibt:

    Das klingt schön, dein wieder Dortsein …
    Ein Tag ohne zeichnen, malen ist KEIN verlorener Tag … ☀️
    Liebe Abendgrüße vom Lu

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