Alltag November, Maroussi bei Athen

Seit Ulli den Gedanken ins Spiel brachte, unseren Alltag zu dokumentieren, grübele ich hin und her. Was ist damit gemeint? „Das Immer Wiederkehrende“, sagt sie. Aber kehrt denn irgendetwas immer wieder? Ist nicht immer alles neu? Tagtäglich? Und was ist „alles“? Alles, was mir an diesem Tag so begegnet? Oder was ich alle Tage, alle Jahre immer wieder tue?
So grübelnd ging ich, mit dem iphone in der Hand, ein paar Minuten meines heutigen Alle-Tags ab, vielleicht, dass mir etwas einfiele.

Zunächst ist da der Blick über den Computerrand, denn am Computer sitze ich seit ein paar Jahren fast täglich, auch jetzt gerade, und lasse den Blick durch die Fenstertür nach draußen schweifen. Zwischen mir und dem Fenster schwebt Pinocchio, der mich daran erinnert, bei der Wahrheit zu bleiben.

Aber jetzt tu mal was, liebe Gerda! Alltag ist gefragt – und das heißt: Tun!  Wie wäre es mit Wäsche waschen? Das tue ich zwar nicht täglich, aber dann und wann. Wenns halt passt. Also geh durch den Flur, tritt hinaus auf den Balkon, wo die Waschmaschine steht, stopf erst mal Weißes in die Maschine, lass die Maschine machen, hole das Gewaschene raus, hänge es auf, schau nach, was noch so an Buntem gewaschen werden will, pass auf, dass es nicht ausfärbt, so dass es am Ende Alles-Lila ist…

Es macht nichts, wenn du dabei auch deinen Blick über den Balkon schweifen lässt, mit Wohlwollen die Inschrift auf den Sesselauflagen (Amor omnia vincit) und das neue Tuch auf dem Tisch betrachtest (von der Schwägerin hinterlassen). Zwischendurch darfst du auch gern die Blumen gießen, die nicht an die Gießanlage angeschlossen sind, darfst deine Nase in eine neu erblühte Rose stecken (einst bei Lidl erstanden, da war sie winzig und kostete 1.50) und dich wie so oft fragen, ob der Avokado und die Aprikose, die aus zwei Kernen im selben Topf mächtig herangewachsen sind, nicht auseinandergepflanzt gehören. Frage dich auch mit schiefem Blick auf die Besen, ob es nötig ist, dass sie alle kreuz und quer liegen. Sieht aber hübsch aus, und so lasse ich es, wie es ist.

 

Während ich hier meinen Alltag zusammensuche, hat jemand anderes seinen Computer verlassen und sich einfallen lassen, was er heute kocht.  Dann ruft er mich zum Mahl an eben dem Balkontisch, den ihr nun schon kennt. Es gibt – Spaghetti. Ich lasse mich wie immer gern bedienen.

 

Nun aber Schluss! Tito wartet auf seinen all-täglichen Spaziergang! Der MUSS sein, alles andere KANN. Schaut nur, wie brav er da auf dem Flur hockt. Gleich wird er aufspringen und freudig mit dem Schwanz wedeln. Dann gehen wir in den Stadtwald Syngrou. Die Sonne scheint – auf gehts!

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Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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41 Antworten zu Alltag November, Maroussi bei Athen

  1. puzzleblume schreibt:

    Bei der Beschreibung deines Alltags formt sich bei mir die Vorstellung, Alltag sei so etwas wie ein sich verzweigender Baum oder ein Flussdelta.

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  2. kunstschaffende schreibt:

    Ein Alltags Bruchstück der Vergänglichkeit! 😏😉

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    • gkazakou schreibt:

      Oder des Seienden, liebe Babsi, das allem Vergänglichen innewohnt.

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    • gkazakou schreibt:

      Nein, ich meinte noch was anderes. Die Erinnerung ist ja eigentlich nichts Dauerndes, die kommt und geht und manchmal verliert sie sich auch. Ich meine das, was allen Einzelerscheinungen, allem Wechsel zugrundeliegt, das Sein selbst. Das sich Verändernde kennt Zeit, Ablauf, Vorher und Nachher, das Sein kennt Dauer (die alles umgreifende pulsierende Ewigkeit). Du kennst das Herbst-Gedicht von Rilke:

      ….
      Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
      Und sieh dir andre an: es ist in allen.

      Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
      unendlich sanft in seinen Händen hält.

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      • kunstschaffende schreibt:

        Wunderschön, ich kannte es nicht!
        Die alles umgreifende pulsierende Ewigkeit, ist für mich die Seele, denn sie wird immer sein!

        Wie definierst oder siehst Du die Ewigkeit! Alles irdische ist doch vergänglich! Nicht’s bleibt wie es ist Panta Rhei (pantaree)

        Das Sein selbst, was ist das Sein, es ist doch auch vergänglich! Ich verstehe es nicht wirklich!🤔🙆‍♀️

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    • gkazakou schreibt:

      es ist nicht ganz einfach, in Worte zu fassen, was ich meine. Ja, alles verändert sich, denn es existiert in Zeit und Raum und ist der Schwerkraft und anderen Natur-Gesetzen unterworfen. Nun schau mal auf dieses „Alles“ als ungeschiedenes „Eines“: Das ist das, was ich „Sein“ oder „pulsende Ewigkeit“ oder „Dauer“ nenne. Rilke nennt es „Einer“, der alles Fallende, sich Verändernde in seinen Händen hält.
      Oder nimm das Bild vom Strom: das strömende Wasser ist immer ein anderes, aber der Strom nicht, er bleibt sich gleich. Auch du bist anders, wenn du zum zweiten Mal in denselben Strom steigst, aber dennoch bist du dieselbe. Natürlich kann der Strom austrocknen und verschwinden und du kannst sterben – insofern ist es eben nur ein Bild, ein Vergleich, eine Metapher. Du verstehst es, wenn du deinen Blick auf dein Ewiges richtest, das du Seele nennst.

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  3. afrikafrau schreibt:

    mir ist das schöne blau des Bildes aufgefallen am Essplatz, Dokumentation eines
    schönen Tages, danke dafür…..

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  4. gkazakou schreibt:

    du meinst sicher das Bild an der Wand hinter dem großen Esstisch, der bei uns als Arbeitstisch dient? Das haben wir vor Jahren von einer Freundin gekauft, Irene Diadou, griechische Künstlerin, in der DDR geboren. Sie ist bei FB. Schau mal hier.
    https://scontent.fath3-3.fna.fbcdn.net/v/t1.0-0/s417x417/1499477_10152075947032092_360333546_n.jpg?_nc_cat=109&_nc_ht=scontent.fath3-3.fna&oh=0fc0ace841c5542137c95748135c90be&oe=5C3DB3EA

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  5. afrikafrau schreibt:

    finde ich sehr ausdrucksstark, Formen und Farben Sprache außergewöhnlich, danke für diese info

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  6. Myriade schreibt:

    Und jetzt mache ich die prosaische Bemerkung, dass ich einen äußerst ähnlichen Teppich, wie der auf dem der Hund zu sehen ist, in meinem Arbeitszimmer liegen habe und immer besorgt bin, ob die Rollen des Schreibtischsessels ihm nicht schaden, aber nein, er hält sie gut aus…..

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  7. kopfundgestalt schreibt:

    Hebt er bittend die Pfote?! Er weiß, das gehört sich – die Gefälligkeit deinerseits nimmt er nicht ein für alle Male als gegeben 🙂

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  8. Karin schreibt:

    Bietet All-tägliches nicht einen wunderbaren Halt, auch eine gewisse Geborgenheit um unser Leben. Es und wir sind einfach nur da.
    Einen schönen Sonntagsalltag wünscht Dir, liebe Gerda, Karin

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  9. www.wortbehagen.de schreibt:

    Gegen Deinen wundervollen, ganz und gar nicht alltäglichen Artikel, liebe Gerda, ist meiner so ganz und gar alltäglich geworden und mit Bildern kann ich wegen meines Systems ja auch kaum schmücken…
    Selbst gekochte Spagettis mit Tomatensoße gab es bei mir gestern auch und ich erkenne, wie vielfältig und voller Wunder auch Dein Alltag sein muß *lächel*, obwohl ich eigentlich niemals daran gezweifelt habe.

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    • gkazakou schreibt:

      Ich habe einen angenehmen Alltag, liebe Bruni. Wär es nicht so, würde ich halt was anderes ausprobieren, solange ich einigermaßen gesund und beweglich bin 🙂
      Jetzt gehe ich meine altgewohnte Runde mit Tito. Dir einen schönen Sonntag!

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  10. Anna-Lena schreibt:

    So ein schöner Beitrag, lieber Gerda. Alltägliches kann so vielseitig und bunt sein. Der Gatte kocht auch gerade und ich warte darauf, dass er mich ruft … 🙂 .

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  11. Marion schreibt:

    Liebe Gerda,
    ich habe deinen Alltags-Beitrag sehr genossen, danke dir ganz herzlich.
    Es ist schön so persönliche Einblicke in ganz anders gearteten Alltag zu bekommen.
    Die Waschmaschine auf dem Balkon – hab ich auch noch nie gehört. In dem Fall ist der Balkon sicher überdacht.
    Schön und gemütlich habt ihr es.
    Liebe Grüße
    Marion

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    • gkazakou schreibt:

      danke, Marion! In der Küche ist kein Platz, im Klo auch nicht, also landete die Maschine auf dem (überdachten) Balkon. Ein Freund tischlerte zudem einen hübschen Kasten, der sich leicht entfernen lässt, wenn die Maschine in Betrieb genommen wird. 🙂

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      • Marion schreibt:

        Das klingt prima, so ist sie geschützt.
        Bei mir ist auch weder im Bad noch in der Küche Platz und ich nutze daher die Gemeinschaftswaschküche, obwohl ich schon gerne eine eigene hätte. Auf meinem Balkon fehlt die Möglichkeit eines Wasserzu- und ablaufes, insofern wäre das gar nicht möglich. Aber ja, man kann meistens nicht alles haben 😉

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    • gkazakou schreibt:

      ne Gemeinschaftswaschküche haben wir dagegen nicht. Ist ein 2-Famileinhaus. sogar die Gas-Heizung ist getrennt.

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  12. PPawlo schreibt:

    Das ist eine gute Idee, dich mal einen ganzen, bunten Tag von uns begleiten zu lassen! Und da kommt auch deine Energie raus, die man in deinen Bildern spüren kann. Du hast’s gut und wenn mal nicht, sorgst du dafür. Und es ist eine Freude, das mitzubekommen! Ich freu mich auf mehr! Herzlich, Petra

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    • gkazakou schreibt:

      Hab herzlichen Dank! ein ganzer Tag war es ja nicht, sondern nur ein winziger Ausschnitt. Das ist schon ein Gewinn aus diesem Alltags-Spiel: wahrzunehmen, wie viel in einem Tag drinnen steckt, wenn man es auseinanderfaltet.So viel, dass es nie und nimmer auf 1000 Seiten passt.

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