Seit Ulli den Gedanken ins Spiel brachte, unseren Alltag zu dokumentieren, grübele ich hin und her. Was ist damit gemeint? „Das Immer Wiederkehrende“, sagt sie. Aber kehrt denn irgendetwas immer wieder? Ist nicht immer alles neu? Tagtäglich? Und was ist „alles“? Alles, was mir an diesem Tag so begegnet? Oder was ich alle Tage, alle Jahre immer wieder tue?
So grübelnd ging ich, mit dem iphone in der Hand, ein paar Minuten meines heutigen Alle-Tags ab, vielleicht, dass mir etwas einfiele.
Zunächst ist da der Blick über den Computerrand, denn am Computer sitze ich seit ein paar Jahren fast täglich, auch jetzt gerade, und lasse den Blick durch die Fenstertür nach draußen schweifen. Zwischen mir und dem Fenster schwebt Pinocchio, der mich daran erinnert, bei der Wahrheit zu bleiben.
Aber jetzt tu mal was, liebe Gerda! Alltag ist gefragt – und das heißt: Tun! Wie wäre es mit Wäsche waschen? Das tue ich zwar nicht täglich, aber dann und wann. Wenns halt passt. Also geh durch den Flur, tritt hinaus auf den Balkon, wo die Waschmaschine steht, stopf erst mal Weißes in die Maschine, lass die Maschine machen, hole das Gewaschene raus, hänge es auf, schau nach, was noch so an Buntem gewaschen werden will, pass auf, dass es nicht ausfärbt, so dass es am Ende Alles-Lila ist…
Es macht nichts, wenn du dabei auch deinen Blick über den Balkon schweifen lässt, mit Wohlwollen die Inschrift auf den Sesselauflagen (Amor omnia vincit) und das neue Tuch auf dem Tisch betrachtest (von der Schwägerin hinterlassen). Zwischendurch darfst du auch gern die Blumen gießen, die nicht an die Gießanlage angeschlossen sind, darfst deine Nase in eine neu erblühte Rose stecken (einst bei Lidl erstanden, da war sie winzig und kostete 1.50) und dich wie so oft fragen, ob der Avokado und die Aprikose, die aus zwei Kernen im selben Topf mächtig herangewachsen sind, nicht auseinandergepflanzt gehören. Frage dich auch mit schiefem Blick auf die Besen, ob es nötig ist, dass sie alle kreuz und quer liegen. Sieht aber hübsch aus, und so lasse ich es, wie es ist.
Während ich hier meinen Alltag zusammensuche, hat jemand anderes seinen Computer verlassen und sich einfallen lassen, was er heute kocht. Dann ruft er mich zum Mahl an eben dem Balkontisch, den ihr nun schon kennt. Es gibt – Spaghetti. Ich lasse mich wie immer gern bedienen.
Nun aber Schluss! Tito wartet auf seinen all-täglichen Spaziergang! Der MUSS sein, alles andere KANN. Schaut nur, wie brav er da auf dem Flur hockt. Gleich wird er aufspringen und freudig mit dem Schwanz wedeln. Dann gehen wir in den Stadtwald Syngrou. Die Sonne scheint – auf gehts!
Bei der Beschreibung deines Alltags formt sich bei mir die Vorstellung, Alltag sei so etwas wie ein sich verzweigender Baum oder ein Flussdelta.
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Welch schöne Assoziation! Sich Verzweigendes! O ja! und doch läuft es irgendwie immer in einem Stamm, einem Strom zusammen und aus ihm heraus.
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So, ja. 🙂
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Ein Alltags Bruchstück der Vergänglichkeit! 😏😉
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Oder des Seienden, liebe Babsi, das allem Vergänglichen innewohnt.
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Das ist dann die Erinnerung, gell!🤗
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Nein, ich meinte noch was anderes. Die Erinnerung ist ja eigentlich nichts Dauerndes, die kommt und geht und manchmal verliert sie sich auch. Ich meine das, was allen Einzelerscheinungen, allem Wechsel zugrundeliegt, das Sein selbst. Das sich Verändernde kennt Zeit, Ablauf, Vorher und Nachher, das Sein kennt Dauer (die alles umgreifende pulsierende Ewigkeit). Du kennst das Herbst-Gedicht von Rilke:
….
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
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Wunderschön, ich kannte es nicht!
Die alles umgreifende pulsierende Ewigkeit, ist für mich die Seele, denn sie wird immer sein!
Wie definierst oder siehst Du die Ewigkeit! Alles irdische ist doch vergänglich! Nicht’s bleibt wie es ist Panta Rhei (pantaree)
Das Sein selbst, was ist das Sein, es ist doch auch vergänglich! Ich verstehe es nicht wirklich!🤔🙆♀️
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es ist nicht ganz einfach, in Worte zu fassen, was ich meine. Ja, alles verändert sich, denn es existiert in Zeit und Raum und ist der Schwerkraft und anderen Natur-Gesetzen unterworfen. Nun schau mal auf dieses „Alles“ als ungeschiedenes „Eines“: Das ist das, was ich „Sein“ oder „pulsende Ewigkeit“ oder „Dauer“ nenne. Rilke nennt es „Einer“, der alles Fallende, sich Verändernde in seinen Händen hält.
Oder nimm das Bild vom Strom: das strömende Wasser ist immer ein anderes, aber der Strom nicht, er bleibt sich gleich. Auch du bist anders, wenn du zum zweiten Mal in denselben Strom steigst, aber dennoch bist du dieselbe. Natürlich kann der Strom austrocknen und verschwinden und du kannst sterben – insofern ist es eben nur ein Bild, ein Vergleich, eine Metapher. Du verstehst es, wenn du deinen Blick auf dein Ewiges richtest, das du Seele nennst.
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Vielen lieben Dank Gerda, für die ausführliche Erklärung! Mit dem Strom, hast Du es sehr gut beschrieben und ich verstehe es jetzt, was Du damit sagen willst!
Liebe Grüße Babsi
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🙂
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mir ist das schöne blau des Bildes aufgefallen am Essplatz, Dokumentation eines
schönen Tages, danke dafür…..
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Das Bild ist mir auch aufgefallen, sehr schön! Es verbreitet eine schöne Stimmung!😉👍
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du meinst sicher das Bild an der Wand hinter dem großen Esstisch, der bei uns als Arbeitstisch dient? Das haben wir vor Jahren von einer Freundin gekauft, Irene Diadou, griechische Künstlerin, in der DDR geboren. Sie ist bei FB. Schau mal hier.
https://scontent.fath3-3.fna.fbcdn.net/v/t1.0-0/s417x417/1499477_10152075947032092_360333546_n.jpg?_nc_cat=109&_nc_ht=scontent.fath3-3.fna&oh=0fc0ace841c5542137c95748135c90be&oe=5C3DB3EA
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finde ich sehr ausdrucksstark, Formen und Farben Sprache außergewöhnlich, danke für diese info
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Und jetzt mache ich die prosaische Bemerkung, dass ich einen äußerst ähnlichen Teppich, wie der auf dem der Hund zu sehen ist, in meinem Arbeitszimmer liegen habe und immer besorgt bin, ob die Rollen des Schreibtischsessels ihm nicht schaden, aber nein, er hält sie gut aus…..
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Unser roter griechischer Wollteppich, sehr robust, hat kleine eingewebte Motive. Deiner auch? (ich hab ein bearbeitetes Foto für dich oben eingefügt). Den kleinen Teppich Im Hintergrund haben wir vor sehr vielen Jahren in einem kurdischen Laden in Istanbul gekauft – auch er hält sich prima.
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Meiner ist ein Perser, auch ein handgewebter mit kleinen Motiven, die etwas anders aussehen als eure aber nach dem gleichen Schema verteilt: eines in der Mitte und eines an jeder Ecke. Leider fällt mir gerade nicht, wie die Art Teppiche heißt ……
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die Motive bei diesem hier sind frei über die ganze Fläche verstreut. ich werde sie mal fotografieren, sie sind ganz reizend.
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*lach*, mein Läufer zwischen Bad und Küche sieht auch so aus. Das winzige Menschlein ist in der Mitte zwischen all den anderen Miniaturen und die Farbe ist etwas rostiger
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HIHI, eine Teppichparade wäre auch was Nettes 🙂
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Durchaus, Myriade! Ich hätte da einiges zu bieten. 😉
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ich glaubs gerne und ich dagegen wäre schnell fertig 🙂
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Hebt er bittend die Pfote?! Er weiß, das gehört sich – die Gefälligkeit deinerseits nimmt er nicht ein für alle Male als gegeben 🙂
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da muss ich dich korrigieren, lieber Freund. Meine Gefälligkeit nimmt er durchaus als gegeben, und seine Pfote hebt er nie. Es reicht schon, wenn er mich bittend ansieht oder, falls das nicht den gewünschten Erfolg hat, an mir hochsteigt und anklopft. .
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Da er aber die eine Pfote leicht hebt, frage ich mich, ob es die ehemals verletzte ist, die er schützt. Könnte ja sein, oder?
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Das ist richtig: sein gebrochenes Bein schont er, manchmal auch beim Laifen.
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ach so!
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Bietet All-tägliches nicht einen wunderbaren Halt, auch eine gewisse Geborgenheit um unser Leben. Es und wir sind einfach nur da.
Einen schönen Sonntagsalltag wünscht Dir, liebe Gerda, Karin
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Ja, der Alltag trägt uns. Möge er reich und voller guter Überraschungen sein!
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Gegen Deinen wundervollen, ganz und gar nicht alltäglichen Artikel, liebe Gerda, ist meiner so ganz und gar alltäglich geworden und mit Bildern kann ich wegen meines Systems ja auch kaum schmücken…
Selbst gekochte Spagettis mit Tomatensoße gab es bei mir gestern auch und ich erkenne, wie vielfältig und voller Wunder auch Dein Alltag sein muß *lächel*, obwohl ich eigentlich niemals daran gezweifelt habe.
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Ich habe einen angenehmen Alltag, liebe Bruni. Wär es nicht so, würde ich halt was anderes ausprobieren, solange ich einigermaßen gesund und beweglich bin 🙂
Jetzt gehe ich meine altgewohnte Runde mit Tito. Dir einen schönen Sonntag!
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So ein schöner Beitrag, lieber Gerda. Alltägliches kann so vielseitig und bunt sein. Der Gatte kocht auch gerade und ich warte darauf, dass er mich ruft … 🙂 .
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das ist das Gute an kochenden Ehemännern: es macht ihnen Spaß. Sonst würden sie es nicht tun. Von Frauen wird meist erwartet, dass sie kochen, ob es ihnen nun Spaß macht oder nicht … ich habe Glück, denn ich koche wirklich sehr ungern….
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Ich koche gelegentlich auch gern, aber ich setze mich gern auch mal an den gedeckten Tisch 🙂 .
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Liebe Gerda,
ich habe deinen Alltags-Beitrag sehr genossen, danke dir ganz herzlich.
Es ist schön so persönliche Einblicke in ganz anders gearteten Alltag zu bekommen.
Die Waschmaschine auf dem Balkon – hab ich auch noch nie gehört. In dem Fall ist der Balkon sicher überdacht.
Schön und gemütlich habt ihr es.
Liebe Grüße
Marion
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danke, Marion! In der Küche ist kein Platz, im Klo auch nicht, also landete die Maschine auf dem (überdachten) Balkon. Ein Freund tischlerte zudem einen hübschen Kasten, der sich leicht entfernen lässt, wenn die Maschine in Betrieb genommen wird. 🙂
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Das klingt prima, so ist sie geschützt.
Bei mir ist auch weder im Bad noch in der Küche Platz und ich nutze daher die Gemeinschaftswaschküche, obwohl ich schon gerne eine eigene hätte. Auf meinem Balkon fehlt die Möglichkeit eines Wasserzu- und ablaufes, insofern wäre das gar nicht möglich. Aber ja, man kann meistens nicht alles haben 😉
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ne Gemeinschaftswaschküche haben wir dagegen nicht. Ist ein 2-Famileinhaus. sogar die Gas-Heizung ist getrennt.
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Das ist eine gute Idee, dich mal einen ganzen, bunten Tag von uns begleiten zu lassen! Und da kommt auch deine Energie raus, die man in deinen Bildern spüren kann. Du hast’s gut und wenn mal nicht, sorgst du dafür. Und es ist eine Freude, das mitzubekommen! Ich freu mich auf mehr! Herzlich, Petra
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Hab herzlichen Dank! ein ganzer Tag war es ja nicht, sondern nur ein winziger Ausschnitt. Das ist schon ein Gewinn aus diesem Alltags-Spiel: wahrzunehmen, wie viel in einem Tag drinnen steckt, wenn man es auseinanderfaltet.So viel, dass es nie und nimmer auf 1000 Seiten passt.
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