Als wir, vom Bahnhof kommend uns der Altstadt von Neapel näherten und diese durchquerten, um auf der anderen Seite Quartier zu beziehen, empfand ich stark, was es mit dem Wort Verdichtung auf sich hat. Am ausgefransten Rande mischen sich Bebauung und verwilderte Natur noch weitflächig und chaotisch, doch allmählich reduziert sich die sichtbare Natur. Häuser, Straßen, Autos – und ein paar kümmerliche Palmen, Benjamins und andere trockenbeständige Pflänzlein, die vergessen auf Bürgersteigen herumstehen wie sonst nur in schlecht geführten Büros.
Im Zentrum sind dann Natur und Technik (Menschengemachtes) fast völlig segregiert. In die Straßenschluchten sickert nur das Licht des Himmels, während der unaufhaltsame Strom der Autos über das Straßenpflaster dröhnt und verstärkt von den Hauswänden zurückgeworfen wird. Dies mein erster Eindruck von Neapel.
Segregiert, sage ich, seien Natur und Menschengemachtes, denn natürlich gibt es die Natur, aber sie ist aus dem vielräumigen vielgestaltigen Gehäuse der Stadt weitgehend ausgesperrt. Am stärksten macht sich Mutter All-Natur als Meer bemerkbar, das, wenn auch durch große eckige Betonboller am Vordringen gehindert, meinen Blick in seine Weite mitnimmt. Junge Leute haben ihren Spaß am städtischen Nicht-Strand.
Dann auch der Himmel, gelegentlich durch Drähte in unregelmäßige geometrische Flächen aufgeteilt, der die Straßen mit seinem Licht flutet.
Und schließlich die Parks, in denen sich die Fruchtbarkeit der Erde und das wachstumsfördernde Klima in riesigen Bäumen Ausdruck verleihen können. Doch das sah ich erst am dritten Tag.
Am zweiten Tag, auf der Fahrt nach Herkulanum – es war ein Sonntag -, sah ich dann auch, was es mit dem Ausdruck „Ballungsraum“ auf sich hat. Neapel hat ca 4 Millionen Einwohner. Um die unterzubringen, ist das ebene Umland über -zig Kilometer zersiedelt, manchmal ballen sich die Siedlungen zu Kleinstädten zusammen, dann wieder gibt es verwahrloste Leerflächen, Fabrikhallen und riesige Docks, die jeden Zugang zum Meer verstellen. Um dieses zu erreichen und die Familie am Strand auszuladen, rollen in ununterbrochenen Kolonnen Klein- und Mittelwagen gen Süden, während ebenso viele in Kiefernwälder, auf Wiesen und an Wegrändern das Sonnenlicht reflektierend abgestellt werden. Kind und Kegel, Sonnenschirme und Plastikboote, Eimerchen und Sonnenmilch – ein kurzes Badevergnügen an einem der „Lidos“, vielleicht auch ein Eis, ein Picknick, eine Pizza, und zurück geht es aus der Dichte der Strand-Leiber im endlosen Strom der Autos, zurück in die quirlige, laute, schön-hässliche steinerne Stadt.
lange nichts gelesen bei dir, das ist ein toller Beitrag, danke, sei ganz herzlich gegrüßt.
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danke, Klaus. Ich war unterwegs.
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Die alten Bäume sind 1000 mal schöner, als die Steinwüste Stadt!
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Stimmt, liebe Katrin, aber auf Bäumen können die 4 Millionen Neapolitaner nicht leben 😉
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Das ist wohl wahr!
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Die berühmten engen Gassen mit der Wäsche zum Trocknen: immer wieder ein fabelhaftes Motiv! 🙄
Liebe Mittagsgrüße vom Lu
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Danke. Lu! ich hab mich beim Fotografieren gebremst, wollte nicht allzu bekannte Klischees bedienen. Aber es stimmt: Überall flattert Wäsche auf Leinen. 🙂
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In Lisboa auch …
Aber in Napoli haben sie wohl damit angefangen 😁
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kein Vergleich, lieber Lu! In Lisboa gibt es manchmal Wäscheleinen, aber in Napolis Altstadt gibt es kaum eine Straße ohne Wäscheleine 😉
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*haha* klasse Bonmot, liebe Gerda,
das ich voll und ganz bestätigen kann! 😆
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Neapel ist mir irgendwie vertraut.
Einmal war ich länger als ein paar Stunden hier…in denen ich eine Unmenge sah.
Deine „Baummalereien“ sind sehr schön.
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Ja, du hast es erwähnt – besonders auch das Archäologische Museum, und so bin ich auch hingegangen. Herzlichen Dank, es hat sich sehr gelohnt! Denn dort war eine große Sonderausstellung mit den Werken aus Pompeji und Herkulanum ….
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Da sind Schätze drin, nicht wahr?!
Ich bin damals übrigens zu Fuß hingepilgert, bei heißem Sommerwetter.
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Ich habe nur einmal eine Nacht in Neapel verbracht, mein damaliger Reisebgleiter war nicht zu überreden sich mehr anzuschauen, so schade! Nun bekomme ich einen „kleinen“ Eindruck aus deiner Sicht, sehe die Verdichtung, kann mir die Vororte vorstellen, denke an Rom, denke aber auch daran, dass es nur sehr wenige direkte Zugänge zum Meer gegeben hat, nachdem wir Neapel verlassen hatten, überall standen Schilder: privat, erst in Nizza änderte sich das wieder und dieser Strand war dirket neben der viel befahrenen Straße und kein bisschen einladend, alles in allem machte mich das traurig bis wütend.
Die ewig flatternde Wäsche ist nicht nur ein Attribut von Italien, wohl eher eine des Südens, ich sah dies auch in Spanien sehr oft…
herzlichst, Ulli
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ich freu mich, Ulli, dass ich dich mitnehmen kann. „Private“ Strände habe ich diesmal nicht gesehen – vielmehr überhaupt keine Strände, die sich in irgendeiner Weise mit den griechischen vergleichen lassen. Am schlimmsten ist die Ausdrehnung der Industriehäfen und Containeranlagen, die riesenhafte Flächen einnehmen. Ein Boot muss man haben, wenn man schwimmen will. Dein damaliger Freund hatte aber unrecht: Neapel ist eine sehr spannende Stadt, voller Überraschungen, und die Menschen sind trotz der Enge und des mörderischen Verkehrs freundlich, hilfsbereit und gelassen. Wer Natur pur sucht, ist freilich in Italien denkbar schlecht aufgehoben.
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Das ist wahr, Gerda, mein damaliger Partner war ein sehr Eigener und ich verstand mich damals nicht aufs „durchsetzen“, schon in dieser Zeit wusste ich, dass Neapel nicht irgendeine Stadt gewesen ist … ich werde dies nachholen, ich habe ja noch ein „bisschen“ Zeit…
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Wir haben damals von unserem Urlaub an der Amalfiküste nur zwei Ausflüge nach Neapel gemacht, einmal einen ganzen Tag ins Arch. Museum und später mit der Seilbahn auf den Posillipo und mir sind von der Stadt nur noch die hohen alten Gassen (mit den Wäscheleinen) in Erinnerung. Nach Pompeji und Herculanäum sind wir auch gefahren, es war damals viel geschlossen, da „in restauro“🤗ich krame aufgrund Deiner Erlebnisse in den alten Reise- und Kunstführern und frische Erinnerungen auf, da alles eine geraume Zeit zurück liegt. Lieber Gruss vom Sommerdach, Karin
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Viel Spaß beim Auffrischen, Karin! In Amalfi waren wir auch – fuhren von Salerno mit dem Boot hin. Ich berichte noch darüber.
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Wir haben zwischen Positano und Amalfi in einem winzigen Hotel gewohnt und von dort Ausflüge gemacht auch nach Ravello in Klingsors Garten. Es waren wie so viele Italienurlaube erfüllte Tag;.im übrigen haben wir nie einen reinen Strandurlaub gemacht, weil wir immer außerhalb der Saison meist im September unterwegs waren. Ich freue mich auf Deinen Bericht.
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Tolle Bilder liebe Gerda! In Neapel war ich noch nicht, aber irgendwann mache mal eine Reise durch Italien, so wie der alte Goethe 😉
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Mach das. Und lass dir Zeit wie der junge Goethe 😉
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😀
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Der nahm sich Zeit, so viel er wollte *schmunzel* …
In diesem Jahr waren einige meiner Bekannten in Neapel, das ich persönlich gar nicht kenne, aber keine hat so konkret und anschaulich davon berichtet wie Du, liebe Gerda.
Eine 4-Millionen-Stadt, was für eine Herausforderung für alle, aber die Menschen scheinen sich zu begnügen und ihre Strände trotz aller Widrigkeiten zu genießen.
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Eindrückliche und typische Bilder von dieser Stadt. Vielen Dank fürs zeigen…
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Ich finde, in keinem (süd)westeuropäischen Land liegen Schönheit und Hässlichkeit so nahe beieinander wie in Italien, vor allem im Süden. Danke für die Eindrücke aus Neapel, noch war ich dort nicht, auch die berühmte Amalfiküste habe ich bislang ausgelassen, dafür war ich weiter südlich im wilden Cilento und Paestum habe ich besucht. Du hast eine interessant „neutrale“, fast „wissenschaftliche“ und zugleich sehr persönliche Art, dich den Orten zu nähern.
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Danke! Es freut mich, wie du mein Schreiben charakterisierst. Es trifft meine Absicht haargenau.
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Dann passt’s ja, freut mich auch. Ich würde dich gern etwas fragen, denn ich will schon lange mal nach Griechenland, wusste aber nicht, wohin – zu groß ist die Auswahl. Nachdem ich mich ein wenig informiert habe, will ich auf keine der bekannten und gut erreichbaren Inseln – zu touristisch. Als Möglichkeit habe ich den Peleponnes auserkoren, der wohl noch nicht ganz so überlaufen ist. Wobei die Mani ja auch schon zu den schicken Gebieten gehört. Mich würde eher der westliche Finger interessieren zwischen Pilos und Koroni, kennst du die Ecke von Messenien? Am schönsten als Stadt ist aber bestimmt Nafplio, die älteste Stadt des Landes, oder? Nur ob man da auch Kultururlaub mit Strand verbinden kann?
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Liebe Rotewelt, die Peloponnes wird von ausländischen Touristen weniger frequentiert, dafür aber ist sie ein innergriechisches Reiseziel. Es kommt also darauf an, ob du in Ferienzeiten oder außerhalb anreisen willst. Es ist voll von wunderbaren Orten, Burgen, Tempeln, mykenischen Gräbern, Naturschutz- und Feuchtgebieten, Gebirgen, Wasserfällen, Stränden, Häfen, Tavernen….. Koroni, Methoni und Pylos sind sehr hübsche Orte, in denen es viel zu entdecken gibt, und in den Sommermonaten werden in Koroni ausgezeichnete Ausstellungen und Konzerte angeboten. Die Küste oberhalb von Pylos ist von besonderer Schönheit, ein Naturschutzgebiet. In der Nähe gibt es ebenfalls viel „Kultur“ zusehen: Nestors Palast, die Festung von Navarino, die venezianischen Burgen in Pylos, Methoni und Koroni. (Über manches kannst du in meinem Blog nachlesen). Die Küste zwischen Methoni und Koroni ist über weite Strecken kaum besiedelt. Die ganze Westküste hat hervorragende Strände, manche erschlossen, andere nicht. Nauplion ist tatsächlich sehr malerisch, hat eine bedeutende Geschichte, ist aber auch ziemlich überlaufen, und das Umland ist zersiedelt. Andererseits ist dort in der Nähe Epidaurus, das zu besuchen schon eine Reise wert ist. Und Mykene und Argos sind nicht weit.
Kurzum, die ganze Peloponnes, (und natürlich auch die Mani, die groß genug ist, damit man sich trotz vermehrter Besucher immer noch als Einzeltourist fühlen kann), ist, wenn du mal von ein paar verhunzten Gebieten absiehst, sehr gut für kurzen und langen Urlaub zu jeder Jahreszeit geeignet. Schwimmen kann man eigentlich das ganze Jahr über, aber mindestens ab Mai bis Oktober.
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Oh, danke dir, liebe Gerda, das ist ja schon eine ausführlich Reiseberatung! (man sagt also DIE Peloponnes – wusste ich nicht, habe es immer anders gelesen in den Reiseführern). Das klingt alles sehr gut, auch dass dort eher griechische Touristen Ferien machen. Von dem Naturschutzgebiet bei Pylos habe ich auch gelesen. Nun bestärkst du mich erst recht in dem Plan, den Westen bei Koroni und Pylos zu besuchen. Man könnte das ja mit einem Kurzaufenthalt in Nauplius verbinden. Aber diesen Herbst ist erstmal Sizilien dran.
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