abc-etüde: Sternenstaub

Für die abc-etüden, die Christiane so wunderbar betreut, heute ein Abschnitt aus meinem Romanfragment „Schwanenwege“. Ich habe ihn fast unverändert übernehmen können. Nur die drei speziellen Wörter habe ich eingefügt, sie kamen so nicht vor: die Bezeichnung des Sternennebels war eine andere Buchstabenfolge, blutrot war der Nebel, aber ohne ultraviolette Strahlung, und die zusammenfassende Bezeichnung „Supernovaüberrest“ fehlte. Sonst aber ist alles (ein wenig gekürzt) wie ich es vor Jahren ersonnen habe. Der Roman-Held, von dem in diesem Abschnitt die Rede ist, ist der „Sterngucker“ Ludwig. Ja, er heißt tatsächlich Ludwig wie der Erfinder der Etüden Ludwig Zeitler, der diesmal auch die Wörter gespendet hat. Zufall?

Ludwig kehrt heim

Der blutrote Nebel der Supernova frb 121102 breitete sich zwischen den schönen Hauptsternen der Zwillinge wie ein gefährlicher Polyp, den Rücken gegen Pollux, die Fangarme gegen Kastor gerichtet. Bei dieser gewaltigen kosmischen Explosion zerstreuten sich die chemischen Elemente, die der Stern während seiner Lebenszeit synthetisiert hatte, im Raum – Material für künftige Sternenwelten und planetarische Systeme. Aus diesen Stern-Prozessen stammte auch das Eisen in unserem Blut, stammte das Calcium der Knochen; die noch schwereren Elemente – Gold und Silber und Kupfer -, brauchten, um sich zu bilden, die unvorstellbar hohe Energie einer explodierenden Supernova: Supernovaüberreste waren es!
Ludwig betastete das Goldkettchen an seinem Handgelenk,  bemüht, diese gewaltigen Entstehungszusammenhänge in seinem Bewusstsein zu halten, während er seinen Blick auf den Ort gerichtet hielt, an dem er  den roten Nebel mit der intensiven ultravioletten Strahlung mehr erahnte als sah. Und er sann, in sich hineinschauend, dem Schicksal seines Blutes und seiner Knochen nach. Da kam ihm das Lied von Joni Mitchell in den Sinn: „Aus Sternenstaub sind wir geschaffen“.*
Leise pfiff er die Melodie vor sich hin in die Stille der Nacht, die sich über das hügelige Land und das Wasser breitete, eine Stille, die durch das leise Regen, plötzliche Quaken und Flattern, Auffliegen und Quietschen unsichtbaren Nachtgetiers noch vertieft wurde.

*Der Text des Liedes lautet: „I came upon a child of god / He was walking along the road / And I asked him, where are you going / And this he told me / Im going on down to yasgurs farm / Im going to join in a rock n roll band / Im going to camp out on the land / Im going to try an get my soul free / We are stardust We are golden / And we΄ve got to get ourselves / Back to the garden“

Bei den Bildern handelt es sich um Ausschnitte früherer Arbeiten, gemischte Technik auf Leinwand (oben) und Papier (unten).

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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25 Antworten zu abc-etüde: Sternenstaub

  1. Christiane schreibt:

    Dass wir alle aus Sternenstaub sind, habe ich schon immer als unglaublich wundervolle, poetische Aussage empfunden, und es ist umso schöner zu wissen, dass die Wissenschaft es nicht abstreiten kann …
    Joni Mitchell kannte ich dazu noch nicht, danke dafür … war die jung damals!
    Liebe Grüße
    Christiane

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  2. Ulli schreibt:

    Liebe Gerda, diese Zeile „We are stardust We are golden / And we΄ve got to get ourselves / Back to the garden““ kenn ich nur von Tuck and Patti, aber wie ich jetzt lausche, ist es das selbe Lied, wie schön! Eins meiner Lieblinsglieder! https://cafeweltenall.wordpress.com/2017/05/20/13553/
    Deine Bilder illustrieren dies so ganz wunderbar und löst ein Kaskade an Erinnerungen aus, danke dafür, liebe Grüße, Ulli

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    • gkazakou schreibt:

      Joni Mitchell hat es geschrieben, damals, als sie unglücklich war, weil sie das Wunder von Woodstock verpasst hat. „3 Tage, drei ganze Tage“, sagt sie einleitend, „waren die Menschen gut zu einander. Sie werden es wiederholen, aber es wird von Mal zu Mal grässlicher sein“.

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    • gkazakou schreibt:

      Meinst du? ich habe da gar keine Lust drauf. Sie übrigens auch nicht. Mein Alter? ich hab eben noch mal nachgeschaut, sie ist ungefähr mein Jahrgang, geb 1943.

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  3. kopfundgestalt schreibt:

    Toll und luxuriös:
    Innenansichten, Außensichten und weise Worte.

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  4. Myriade schreibt:

    Schön komponiertes Bild-Wort-Kunstwerk aus Sternenstaub. Letztlich gibt es ja gar kein anderes Grundmaterial ……

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    • gkazakou schreibt:

      Einiges ist ja wohl auch der Erde verdankt, oder?
      Danke für dein Lob.

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    • gkazakou schreibt:

      letztendlich ja…Aber dazwischen ist dann doch einiges passiert, vor allem die organischen Prozesse, die an bestimmte Milieus gebunden sind, die sich nur auf Planeten wie der Erde finden. Ganz anders die schweren Elemente wie Gold (wie are golden),die sich nicht auf der Erde bilden können, da für sie extreme Energien notwendig sind, wie sie nur beim Explodieren von Riesensternen freigesetzt werden. (So ungefähr, ich bein keine Expertin)

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      • Myriade schreibt:

        Ich auch nicht, aber wenn ich die Sache richtig verstanden habe (sofern sie sich überhaupt verstehen lässt) hat der Urknall alles „angestoßen“ und alles weitere ist aus Novaes entstanden. Somit würde auch alles Leben ursprünglich aus anorganischer Materie stammen ……

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  5. finbarsgift schreibt:

    Zauberschöne Collage aus Worten und Bildern und einem Eternal der legendären Joni Mitchell…

    Du hast dich, abc-mäßig betrachtet, erneut selbst übertroffen!

    Liebe Morgengrüße vom Lu

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  6. kowkla123 schreibt:

    das Lied ist wirklich schön, ansonsten, nimm das Wetter so, wie es ist, du kannst es sowieso nicht ändern, Klaus

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  7. fundevogelnest schreibt:

    Ein schöner Text, der auf den Rest des Romans neugierig macht …
    Am allerschönsten fand ich den letzten Satz.
    Natalie

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  8. www.wortbehagen.de schreibt:

    Ein Textausschnitt, liebe Gerda, wie geschaffen für die Etüden mit den spannenden Wörtern
    supernovaüberrest, ultraviolett und frb 121102
    und Dein Einfügen dieses wundervollen Liedes hat mich zusätzlich sehr gefreut und sehr versonnen habe ich ihm zugehört und dieser Stimme, die zart und kräftig zugleich klingt…
    So lange ist Woodstock vorbei und immer noch ist es das Festival aller Festivals

    Deine Bildausschnitte passen so gut, als hättest Du die Bilder extra für diesen Text gemalt

    Liebe Sternenstaubgrüße von Bruni

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    • gkazakou schreibt:

      Herzlichen Dank.liebe Bruni, für deinen immer so einfühlenden Kommentar. Festival der Festivals, das war es wohl, dies Woodstock der Blumenkinder. „Wo sind sie geblieben?“…. Zu Sternen zurückgekehrt und dort zu neuem Leben sich vorbereitend?

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      • www.wortbehagen.de schreibt:

        Zu Sternenstaub sind so viele schon geworden und hier gelassen haben sie uns Träume und Wünsche … und nun hab ich Marlene Dietrichs Stimme im Ohr, liebe Gerda *lächel*

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