Kata-Strophen: Soldatenleben in 2 Akten (abc-etüde)

Noch eine abc-etüde mit den Wörtern, die Christiane gespendet hat. Die Einladung gestaltete dankenswerter Weise wieder lz. Die Wörter, mit denen es kleine Geschichten von höchstens 10 Sätzen zu fabulieren gilt, sind diesmal Bürde, speckig und schieben.

Soldatenleben

 1. Akt:  Langeweile

So manche Nacht muss Wache schieben
Der Michel, denn er ist Soldat,
Der Feind, er weiß es, ist gerieben
Und lauert immer, früh und spat.
Mit dem geschulterten Gewehr
So steht er da, und das ist schwer.
Die Uniform, sie ist schon speckig
Die groben Stiefel, sie sind dreckig.
Er träumt von einem schönen Krieg
Und einem noch viel schönern Sieg.
Dann wär er diese Bürde los
Und kehrte heim in Mutters Schoß.

Hier endet die erste Etüde.

Es beginnt eine zweite Etüde mit denselben Wörtern. Sie bildet sozusagen das Pendant zur ersten.

 2. Akt.: „Great again“

Der General und der Minister,

beugen sich über den Kartentisch.

Die beiden sind fast wie Geschwister

Und zwischen ihnen liegt ein Wisch.

„Nu hör mal Freund, so spricht der General

Und reibt sich seinen speckigen Nacken

Von Waffen überquellen tut mein Arsenal

Und die Soldaten brauchen dringend paar Attacken.

Wie wärs, den Grenzverlauf ein wenig zu verschieben

Paar hunderttausend Leute sind ja leicht vertrieben.“

„Ich werd“, so spricht der Herr Minister, „gerne

Mal sehen was sich da so machen lässt.

Der letzte Krieg ist ja schon ziemlich ferne

Ich frag mal rum und mache einen Test

Wie heut die Leute über Kriege denken

Und ob es leicht ist, sie dahin zu lenken.“

„Ich danke dir, mein Freund, ich bin ne Bürde los!

So werden wir und  unser Land auch wieder groß.“

Ob es wohl klappt mit Kriegen und mit Siegen?

Vielleicht klatscht man sie auch wie müde Fliegen

Wenn Winter folgt auf Sommers Pracht

Wenn auf den Tag der Erde folgt die Nacht.

Die Bilder sind durch Verschütteln bemalter und zerschnittener Pappstücke entstanden. Mir schien das die angemessene Methode für dieses Thema zu sein.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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23 Antworten zu Kata-Strophen: Soldatenleben in 2 Akten (abc-etüde)

  1. finbarsgift schreibt:

    Einfach wieder mal genial und so flugs…
    Liebe Morgengrüße vom Lu

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  2. juergenkuester schreibt:

    Liebe Gerda!
    Ich freue mich immer über deine Texte. und über die drei Worte. Manchmal schreibe ich sie auf und es werden kleine Textfragmente daraus. Zur Veröffentlichung fehlt mir noch die Traute. Weil das Visuelle fehlt, glaube ich. Na ja, wird noch.
    Liebe Grüße Juergen

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  3. ann christina schreibt:

    Leider recht nah an der Realität, fürchte ich… Wenn viele Generäle und Minister doch lieber Künstler wären! Liebe Grüße!

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  4. Christiane schreibt:

    Mich packt das helle Würgen bei beiden. Ha, „schöner Krieg“! Und dieses unmenschliche Kalkulieren mit dem Tod … Ich weiß, dass es so ist, aber ich kann es nur aus ganzem Herzen ablehnen.
    Als Etüden dagegen finde ich beide toll und deine Bilder dazu sehr sehr passend.
    Liebe Grüße
    Christiane

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    • gkazakou schreibt:

      Ich teile deinen Abscheu, Christiane, aus ganzem Herzen. Wer sagte doch gleich: „Wozu haben wir all die schönen Waffen?“ Das war Thatcher vor dem Falkland-Krieg. Und der, der heute die US regiert, findet ähnlich herzliche Worte for our beautiful weapons, Vorher ließ Clinton all das Zeug aus dem Arsenal, das man loswerden wollte, auf Jugoslawien regnen. usw usf. Mit der Waffenproduktion und dem Berufssoldatentum fängt das Verbrechen an.

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      • Christiane schreibt:

        Ja und ja. Mit der Verbindung von beidem. Was machen wir, macht man dann aber mit dem Bedürfnis nach körperlicher Auseinandersetzung, das wir heute versuchen, in Sport umzulenken (was nur teilweise funktioniert, m.E. nicht nur wegen der Bedingungen, die dort herrschen)? Menschen sind nicht alle friedlich, es gibt den Archetyp des Kriegers, der nicht besonders feingeistig ist … wo bleibt der? Ich frage mich das oft.
        Liebe Grüße
        Christiane

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      • gkazakou schreibt:

        Nein, Christiane, ich sage nicht: das war immer so. Ich sage: heute (wie immer) stellen sich gigantische Aufgaben für den Krieger. Wer in sich den Archetypus des Kriegers fühlt: Nur zu, ergreife deine Waffen, kämpfe! Aber werde nicht Soldat, um im Auftrag andere Menschen zu töten. Das hat nämlich nichts mit Krieger, aber viel mit Mörder im Auftrag zu tun. Und stelle keine mörderischen Waffen her, sondern Waffen des Friedens und der Wohlfahrt. Da hast du genug zu tun, deine jugendlichen Kräfte zu verausgaben, bis auch du alt und weise und ein senex wirst. So spreche ich, das alte Weib, zu den Soldaten.

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    • gkazakou schreibt:

      eine berechtigte Frage, Christiane. Doch es gibt auch den Archetyp des Weisen. Den macht Brecht zur alten Frau, im „Lied vom Weib und dem Soldaten“ (Mutter Courage. Da hieß es zunächst: „Ach bitter bereut, wer des Weisen Rat scheut“ —-.und wurde dann zu „und des Weibes Rat scheut“) Lass uns die Archetypen umdeuten! auch der „Krieger“ braucht nicht zu töten, sondern kann mit Waffen des Lichts kämpfen.

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      • Christiane schreibt:

        Bei allem Respekt, ich glaube, es steht uns nicht zu, Archetypen umzudeuten, dazu sind sie zu groß. Und ich weiß auch, dass in vielen Mythen die andere Seite des Kriegers die des Heilers war/ist … Leben zerstören, Leben wiederherstellen … was uns natürlich zu den Frauen/Müttern bringt, da bin ich gern bei Brecht.
        Ich glaube, dass der Krieger Aufgaben braucht und in unserer Gesellschaft keine hat, weil der Archetyp nicht besonders geachtet wird. Und so wird er instrumentalisiert und entsprechend manipuliert. Jetzt sagst du bestimmt: War das nicht schon immer so? Weiß ich nicht, kann schon sein, zumindest tendenziell, ich würde mir nur gern vorstellen, dass man „früher“ klüger war 😦

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  5. m.mama schreibt:

    Einfach nur: Wow! So kreativ, bildlich und wörtlich!

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  6. www.wortbehagen.de schreibt:

    Deine Worte und Zeilen sind Dir wieder sehr gelungen, liebe Gerda. Sie klingen so flüssig und frei, doch ihr Inhalt läßt aufstöhnen und sinnlos hoffen, daß diese verdammten Waffen in friedliche Arbeitsgeräte umgewandelt werden könnten und das Kriegerische im Menschen sich zurückziehen möge, immer mehr und fast unbemerkt, so daß am Ende kenier mehr von Kriegen wüßte …
    Das würde ich hoffen, wenn ich wüßte, da gibt es kleinste Funken, die die Hoffnung schüren könnten…

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    • gkazakou schreibt:

      Danke Bruni! Und klar: wir wollen weiter dran bleiben, an diesem Versuch, uns immermehr von Kriegen zurückzuziehen. ich habe eine schön ziselierte Vase, die ich sehr mag und die mir für den Weihnachtsschmuck diente. Sie ist aus einer Granat-Hülse gemacht.

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      • www.wortbehagen.de schreibt:

        ja, anders können wir doch gar nicht, liebe Gerda.
        Tja, wir brauchen viel mehr solcher Vasen und alle mit Blumen oder Zweigen geschmückt, statt mit hoch explosivem Pulver gefüllt!
        Liebe Grüße von mir zu Dir

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