Alphabet des freien Denkens: E wie ΕΛΕΥΘΕΡΙΑ

Ελευθερία (Eleftherίa = Freiheit) ist das nächste Wort im griechischen Alphabet des freien Denkens. Es ist ein so schwergewichtiges, so zentrales Wort für das Griechentum und für die Menschheit insgesamt, dass ich es heute Abend nur antippen kann.

Ich habe euch heute schon ein anderes E-Wort geliefert: Ελιά, die Olive, der Ölbaum. Aber so schön der Baum ist, so gewaltig und nützlich, so wunderbar es ist, wie dieser Baum, gepflanzt auf armem Boden inmitten von Steinen, mühsam heranwachsend, aus diesem Boden, aus dieser Luft seine Früchte bildet, die ganz bitter-ungenießbar sind, wie sie aber, gepresst nach Methoden, die zuerst die Göttin Athene die Menschen lehrte, das köstliche duftende Öl freigeben, das den Menschen nährt, ….athene(gefunden bei http://www.artefakt-austria.eu), mit dem er sich vor dem Kampfe salbt, mit dem die Könige gesalbt wurden und auch der Christus, denn nichts anderes bedeutet dieses Wort – der Gesalbte – … so ist dieses Wort doch nicht von demselben Gewicht wie das Wort Ελευθερία (Freiheit). An diesem Wort oder an dem, was sich dahinter an Hoffnungen verbirgt, entscheidet sich das Menschentum. Bist du nicht frei, verfehlst du das, was den Menschen vor allen anderen Lebewesen auszeichnet.

Im Griechischen spricht man das Wort Ελευθερία mit einem Pathos aus, das es im Deutschen nicht hat. „Freiheit oder Tod!“ war der Schlachtruf der Aufständischen von 1821, die sich verschworen, a54176dd03525caa567ab9cd53249178 (Maniaten schwören den Revolutionseid),  das „türkische Joch“ abzuwerfen und die Freiheit Griechenlands herzustellen (griechischer Nationalfeiertag bis heute).

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„Lieber eine Stunde Freiheit als vierzig Jahre Sklaverei“, hatte schon Rigas Ferraios geschrieben (* 1757 – † 24. Juni 1798) und „Der denkt richtig, der frei denkt“ –feraios-%ce%b1%ce%bd%cf%84%ce%af%ce%b3%cf%81%ce%b1%cf%86%ce%bf – er bezahlte dieses Denken mit einem qualvollen Tod (von den Österreichern wurde er festgenommen und nach schwerer Festungshaft den Türken übergeben, die ihn ermordeten).200px-nbs_rof (Gedenktafel am Hinrichtungsturm in Belgrad). Die Jugendorganisation der Linken trägt bis heute seinen Namen. „Freiheit, ach Freiheit!“ ruft der junge Solonos, und sein Ruf wurde zur Nationalhymne der Griechen. https://gerdakazakou.com/2016/01/11/griechische-dichtung-am-sonntag-dionysios-solonos/. Wenn ich Kinder im Unterricht  fragte, welches das höchste Gut sei, so antworten sie mir: Freiheit! und ihr Held war Kolokotronis, der dafür im 19. Jahrhundert focht.

Doch weit mehr als Freiheit von Fremdherrschaft und Unterdrückung,  von unerträglichen Steuern und Frondienst, von Willkür und Hochmut der Herrschenden ist die Freiheit der Griechen. Das kann man an dem Wort ελεύθερος (frei) ablesen, das sich herleitet aus ἐλεύσομαι, altgriechisch „ich werde kommen“ und Έλευση „Ankunft“ – und was uns als Eleusis (eleusische Mysterien) überliefert ist. Ins Lateinische übersetzt heißt Eleusis nichts anderes als „Advent“

Darüber und über andere Fazetten des Wortes will ich morgen  zu schreiben versuchen.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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12 Antworten zu Alphabet des freien Denkens: E wie ΕΛΕΥΘΕΡΙΑ

  1. bruni8wortbehagen schreibt:

    Freiheit ist unser höchstes Gut, oh ja, ohne frei zu sein, sind wir gefangen.
    Ob es nun im Kerker ist, in Gewahrsam genommen wegen Aufruhr gegen Unterdrücker und Mörder oder in sich selbst gefangen, es muß unerträglich sein, unmenschlich und grausam.
    Kein Mensch kann einem anderen gehören. Er kommt zur Welt, um frei zu sein, sein eigenes Wesen, seine Persönlichkeit zu entwickeln und ein eigenes Ich zu sein.

    Woher nimmt sich einer das *Recht*, einen anderen einzusperren, ihm Schaden an Leib und Seele zuzufügen und daran auch noch Freude zu empfinden?
    Wenn ich an Aleppo denke, könnte ich heulen. Warum nur rottet einer den anderen aus?

    Jeder ist Mensch wie der Andere und menschlich sollte er fühlen…
    Jeder hat das Recht, in Würde zu leben. und doch wird diese Würde weltweit mit Füßen getreten…

    Die Freude an kriegerischem Handwerk kapiere ich nicht, denn niemals kann Töten berechtigt oder notwendig sein.

    Das allerbeste und wichtigste Wort hast Du ausgesucht, liebe Gerda

    Liebe Grüße an Dich

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  2. Ulli schreibt:

    Liebe Gerda, heute nur noch kurz, sag mal die Mysterien von Eleusis fanden die nicht zu einer anderen Jahreszeit statt? Ich bin da irgendwie im Frühling, aber vielleicht irre ich mich ja-

    Freiheit ist ein grosses Wort und wohl der und dem, die sich frei fühlen und frei leben, aber es ist so eine Krux mit der Freiheit …
    mehr kriege ich heute nicht mehr hin- ich winke dir durch die Nacht
    Ulli

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    • Ulli schreibt:

      Jetzt noch einmal, ausgeschlafen und die ersten Runden für heute gedreht- gerade unter dem freien = wolkenlosen blauen Himmel …
      Die Gedanken sind frei, das ist vielleicht das einzige, was wirklich frei ist? Denn, wenn ich den Begriff näher untersuche, dann stelle ich doch immer wieder fest, dass nicht nur alles mit allem verbunden ist, sich bedingt, sondern dadurch auch eine gewisse Portion an Abhängigkeit erscheint, die aber nicht negativ sein muss oder ist.
      Ich habe mich schon oft gefragt, wie frei denn nun wirklich unsere Entscheidungen sind oder wie frei die Entwicklung eines Menschens. Ohne die anderen, ihre Einflüsse, ist der Mensch ja bekanntlich nichts, ob das deswegen aber Unfreiheit ist, mag ich nicht abschliessend behaupten.
      Für die Freiheit zu kämpfen ist erstrebenswert, da stimme ich den GriechInnen zu und denke gleichzeitig an alle die, die für die Freiheit gekämpft und gestorben sind/ermordet wurden.

      Eleusis hat mich gestern noch zu einem Gang gebracht, als ich einschlief, ging ich in ein Dunkel hinein, viele, sanft abfallende Stufen und ich wusste, dass dieser Weg ins Heiligtum führt, dann aber hat mich doch der Schlaf umarmt und es kamen keine weiteren Bilder…
      dir noch einen schönen Resttag
      herzlichst
      Ulli

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      • gkazakou schreibt:

        Vielen Dank, Ulli! Dein Abwägen tut mir wie immer gut. Einerseits dies Wissen, dass wir ohne die anderen Menschen gar nicht sein können und die manchmal quälende Frage, wie frei wir denn nun eigentlich in unseren Entscheidungen sind? Andererseits deine Zustimmung, dass es not tut, für die Freiheit zu kämpfen, wobei die Form, in der das geschieht, von der Art des Angriffs bestimmt wird. Besonders erfreut und angerührt hat mich dein Gang nach Eleusis, ….

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      • Ulli schreibt:

        Ich weiss ja nur wenig über Eleusis, aber dieser „Einstieg“ gestern hat mich heute dazu gebracht, dass ich doch noch mehr darüber wissen und erfahren möchte …
        Ich denke gerade an einen tibetischen Lama, der in den fünfziger Jahren mit seiner Familie und vielen anderen vor den Chinesen nach Indien floh, er hat eine Knarre bei sich- so zu der Art des Angriffs und heiligen Männern. Das meine ich jetzt positiv, er hat weiter erzählt, dass es ihm darum gegangen ist das Leben seiner Eltern, seiner Geschwister und das der anderen zu schützen, leider ging vieles schief … nur wenige überlebten und nur wenige kamen in Indien an, viele wurden auf dem Weg gefangen genommen, auch sein Vater, der dann im Gefängnis starb- ach Menschen …
        Ich lese gerade die Tagebücher von Astrid Lindgren von 1939-45, sie schreibt ziemlich am Anfang zum Frieden, dass wir nicht über ihn reden müssten, wenn es ihn gäbe, mt der Freiheit verhält es sich wohl nicht anders?!

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  3. kunstschaffende schreibt:

    Liebe Gerda,

    die Freiheit ist ein positiver und guter, ja sogar notwendiger, Zustand! Nur mit der Freiheit ist Entwicklung möglich! Und jetzt kommt das negative Gegenteil, nämlich um der Freiheit willen kämpfen zu müssen! Zu jeder Zeit wurde deswegen gekämpft! Ich habe große Angst, daß eine weltweite Ideologie uns unsere Freiheit nimmt! Die Zeichen dafür sind gesetzt und ich befürchte, mit falscher Humanität und Toleranz können wir gegen diese Mächte nicht angehen! In Frieden und in Liebe denken und damit die Freiheit schenken, es wäre eine wunderbare Lösung! Nur ist es unrealistisch, wenn man glaubt, man könnte diese menschlichen Monster mit Liebe bekehren.
    Es ist das personifizierte Böse was immer mehr Boden einnimmt.
    Wenn man aufhört um die Freiheit zu kämpfen, dann ist alles verloren, wofür es sich lohnt zu Leben!
    Dies sind meine mitternächtlichen Gedanken zu dem existenziellen Wort FREIHEIT!

    ❤freiheitliche Grüße Babsi

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  4. wildgans schreibt:

    Davon kann man nicht oft genug erzählen!
    Danke

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  5. gkazakou schreibt:

    Liebe Babsi, für mich ist Freiheit das höchste Gut und die Bedingung für alles weitere. Für mich ist das so, aber nicht notwendigerweise für jeden Menschen. Wie ich oben bei Ulli kommentiere, bin ich auch der meinung, dass es not tut, für die Freiheit zu kämpfen. Die Form, in der das geschieht, wird von der Art des Angriffs bestimmt. Was meine ich damit? Überleg mal:
    Du stellst dir menschliche Monster vor, die deine Freiheit weltweit untergraben möchten. Wie willst du denn dagegen kämpfen? Wenn du sagen würdest: das Banksystem ist ein weltweites Monster – dann könnte ich mir vorstellen, wie dagegen anzugehen wäre (zB indem Gesetze beschlossen werden, die das Bankwesen von der weltweiten Spekulation trennen). Wenn du sagen würdest, der internationale Waffenhandel ist ein Monster, das weltweit Freiheit und Leben der Menschen bedroht, auch dann kann ich mir Lösungsschritte vorstellen (zB dass die Bundesrepublik und andere Länder ihren Waffenhandel nicht noch weiter ausdehnen etc). Wenn du sagen würdest, die weltweiten Monster sind die großen Agrarkonzerne, die die Bauern zur Verzweiflung treiben und Hungersnöte schüren – auch dann kann ich nachdenken, wie dagegen vorzugehen wäre. Wenn du aber sagst, du hast Angst vor dem „personifizierten Bösen“, dann … ja, was dann? Was wäre da die Gegenwehr? Liebe Grüße! Gerda

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  6. karfunkelfee schreibt:

    Lese ich hier vom E und von der Freiheit, kommt mir direkt das griechische Wort „enosis“ = Vereinigung in den Sinn. Hat allerdings auch schwer gelitten (Makarios III, Zypern). Das E ist ein offener und heller Vokal. Es zieht ein Lächeln ins Gesicht und ist einer meiner grünen Buchstaben. Erdgrün oder efeugrün. So ein lebendiges frischwarmes Mittelgrün. Der Ekel oder der Eiter beginnt allerdings auch mit einem E und etliche andere. Eleusis hingegen ist ein betörend schönes Wort. Liebe Grüße von der Karfunkelfee

    Gefällt 1 Person

    • gkazakou schreibt:

      Mir gefällt das E auch. Ellada… Manchmal wirst es allerdings allzu streng und Ernst, Ehrfurcht, Ehre, Ehe, Ebene, Etepetete. Esel – ein schänes Tier, aber das Wort! Elend. Schöner, da weit und schwingend ist es im Innenleben der Wörter, in Meer und See und Schnee, in Leben und geben und sehen. .

      Gefällt 1 Person

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