Es war einmal ein steinalter Mann, der hieß Herr Winter. Es war seine Gewohnheit, jedes Jahr, meistens so um den Dezember herum, eine Rundreise durch die Länder und Städte Europas zu beginnen. Kam er zu spät, schrien die Leute: wo bleibt er nur? Warum verspätet er sich? Kam er noch später, begrüßten ihn die einen mit Hallo und Endlich schneit es! die anderen mit einem langem Gesicht, in dem eine rote Nase flammte. Blieb er etwas länger als drei Tage, ging das Gemurmel los: Wie lange will der Alte noch hier rumsitzen? fragten die einen. Die Ölrechnung steigt in astronomische Höhen, wenn er nicht bald abhaut, klagten die anderen. Dem einen war der Schnee, den er mitbrachte, zu nass, dem anderen zu viel, dem dritten zu wenig.
Bei so viel Genörgele ist es ein Wunder, dass Herr Winter trotzdem immer wieder vorbeischaute. Doch wie an alle Wunder, gewöhnten sich die Menschen auch an dieses und nörgelten weiter. Bis Herr Winter endgültig Schluss machte mit seinen Besuchen.
Er stieg hinab in seine Sommerhöhle, nahm einen runden Siegelstein und versiegelte sorgfältig das Einstiegsloch, damit ihn kein vorwitziges Mäuschen störte. Dann legte er sich aufs rechte Ohr. Schluss mit den Besuchen, sagte er, schon verhauchend, zu seinem treuen Raben, und schlief ein. Und da schläft er nun, fest und tief wie ein Stein schläft er auf seinem steinernen Lager. Manchmal schnarcht er leise, was bei einem so alten Mann ja vorkommen kann. Nichts und niemand soll ihn wecken – nicht in diesem und auch nicht im nächsten Jahr, und schon gar nicht im übernächsten.
Januar ist’s. Der Bauer tritt aus seinem Haus, dehnt und streckt sich und saugt die Frühlingsluft in seine Lungen.
Oi oi, sagt er, ich muss mich beeilen, die neuen Saaten auszubringen! – Ja schau einer an, sie sprießen ja schon, die Saaten, und der Kaktus fängt an zu blühen. Der Himmel wärmt die Sonne wie die Pfanne das Spiegelei. Eine ganz unausgeschlafene zauselige Krähe schreit ihr Krakra, krakra auf der Suche nach einem Gemahl.
Na, wenn das man gut geht, denkt sich der Bauer. So ganz ohne Winter.
Ich denke: *Alles hat Seine Zeit* und …
das ist gut so. Ich will den Winter niemals missen.
Ich liebe ihn.
Segen dir!
M.M.
LikeLike
Ja, liebe Monika-Maria, ich liebe ihn auch. Aber nun ist er ausgeblieben (hier in Griechenland). Vielleicht kommt er ja noch 🙂
LikeGefällt 1 Person
Liebe Gerda,
deine Bilder wirkern so durchscheinend, als hättest du die Schnipsel auf Glas geklebt und sie würden von hinten angestrahlt. Schön! Das gefällt mir sehr!
LikeGefällt 1 Person
o, welch schöner Gedanke! Liebe Katrin, bleib du selbst nur ordentlich substantiell und lass dich nicht unterkriegen! Ganz liebe Grüße zu dir hinüber.
LikeGefällt 1 Person
…zauberhaftes Märchen…
LikeGefällt 1 Person
freut mich sehr, dass es dir gefällt, Finbar.
LikeGefällt 1 Person
Es gefällt mir wirklich sehr…
…und wirkt sehr wohltuend 🙂
Worte wie Bilder!
Liebe Winterregengrüße vom Lu Finbar
LikeGefällt 1 Person
Pingback: Zwitschermaschine | GERDA KAZAKOU
Hat dies auf GERDA KAZAKOU rebloggt und kommentierte:
Noch einmal es war einmal, reblogged von meiner WP Seite. Ich habe dort schon so viele Märchen erzählt, die ihr noch nicht gelesen geschweige denn gesehen habt, dass ich keine neuen zu erzählen brauche. Einfach auf die Taste rebloggen gehen und fertig. Ich weiß, dass die Regeln das eigentlich nicht vorsehen – ich werde mich in dr nächsten Woche bessern. Euch, liebe MitmachfreundInnen, eine angenehme Lektüre!
LikeLike
Pingback: Märchenstunde: Herr Winter kommt nicht mehr – MitmachBlog
Ein sehr schöner Beitrag, auf dem ich komischerweise gar nicht Kommentiert habe!
Und jetzt wo ich die Kommentare lese, fällt mir auf, daß Monika Maria schon sehr lange nicht’s mehr gepostet hat. Hoffentlich geht’s ihr gut!🤔😊
LikeGefällt 1 Person
ich hab Monika Maria geguckt, ihr Blog ist privat gestellt. ich hab mal angeklopft. danke für den Hinweis. Leider sind etliche gute Leute in der Versenkung verschwunden, man weiß nicht, was aus ihnen geworden ist.
LikeLike
Ah, danke für die Info Gerda! Ja echt schade!😒
LikeLike