Kürzlich fragte mich eine Freundin*: Sag mal, wolltest du mit deinen Bildern nicht das griechische Drama illustrieren? Ihre Stimme klang misstrauisch.
Und jetzt erzählst du ständig von Vögeln! Willst du etwa behaupten, dass wir Griechen alle einen Vogel haben?
Aber nein, rief ich entetzt. Nichts liegt mir ferner! Ich wollte bloß…
Aber meine Freundin insistierte: Du weißt doch, wie die Deutschen über uns denken. Nix als Vögeln haben wir im Sinn, behaupten sie.
Puh! Da hatte ich mich nun schön in die Nesseln gesetzt. Ich hatte mich den Märchen zugewandt, um die haarige Politik zu vermeiden, aber offenbar das falsche Sujet gewählt.
Also schicke ich die Vögel für heute heim und lege unschuldige Pflanzen. Da wird ja wohl niemand auf dumme Gedanken kommen.
Allerdings, ich gebe es zu, konnte ich es nicht lassen, den Pflanzen allerlei Bienen- und Schmetterlingsvolk in die Fruchtstände zu setzen. Das kitzelte sie sehr. O je, war das ein Gekicher und Gegacker! Sie wanden sich, sie tanzten einen Indianertanz und versuchten, ihre Wurzeln aus dem Boden zu ziehen. Das sah echt anzüglich aus. Ein ernster Vogel flog vorbei. Vielleicht will er nachschauen, wie dieser fröhlichen Bande Ordnung beizubrigen sei. Ein Happs, und Ruhe tritt ein.
Ob das nun ein politischer Kommentar ist?
*Es handelt sich um eine fiktive Freundin und einen fiktiven Dialog. Das möchte ich hiermit klarstellen. 🙂
Dann ist die Fiktion aber ganz schön lustig. Ich wünsche dir eine solche Freundin.
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Danke dir, Simmis Mama, für die guten Wünsche. 🙂
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Gern.
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Ich las keinen besseren politischen Kommentar zuvor.
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Großes Lob am frühen Morgen, Danke, Arabella 🙂
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🙂
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Politik ist auch ein haariges Thema. Aber sind wir Künstler nicht in allen unseren Ausagen politisch? Auch in den Märchen? Ich erinnere mich da an Aschenputtel, das du mit dem Mütter-Tochter Genderthema verknüpft hast!
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Du sagst es, Susanne. Die Griechen definierten den Menschen als ζόον πολίτικον (zoon politikon, politisches Tier) – also ein Lebewesen, das durch sein Zusammenleben in der Polis (Stadt) gekennzeichnet ist (im Gegensatz zu anderen Lebewesen). Einen Menschen, der sich nicht um das Allgemeine kümmert, nannten sie ιδιότης (Idiot, Privatmann). Diese Begriffe sind immer noch im Schwange.
Tatsächlich ist jede Aussage – und auch das Schweigen – politisch.
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Und mir fällt da Bert Brecht ein, aus „an die Nachgeborenen“: Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Liebe Grüße Juergen
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Frauen gehörten, glaube ich, nicht zu den freien Bürgern der Polis. Genauso wenig wie Zugereiste und Sklaven. Trotzdem ist die Polis schon eine fortgeschrittene Staatsform. Interessant finde ich, dass bei den Spartanern wiederum die Frauen die Verwaltung und Regierung der Städte regelte, da die Männer nur im Krieg waren. Deshalb mag ich auch das Jahr Null + / – Hundert Jahre 🙂 – es passierten so viele spannende Dinge auf der Welt.
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Wenn die Menschen doch nur mehr vögeln würden. Die Welt wäre schöner, weniger agressiv !!!
Ingrid – jetzt auf Lesvos
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Ich denke, sie „vögeln“ mehr als genug…
Und DAS ist ja gerade das Problem!
Ein gegenseitiger, liebevoller, vertrauensreicher Umgang miteinander fände ich viel sinnvoller!
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mir scheint, dass du recht hast, Finbar. Liebe und Vertrauen und Sinn braucht der Mensch, damit er seine Gewalttätigkeit zügeln kann.
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Voll deiner Meinung, Gerda,
der Sex zwischen Menschen bringt so schon viel zu viel Gewalt mit sich,
von sogenannten BDSM-Techniken und purer Vergewaltigung von Frauen durch wild herumvögelnde Männer ganz zu schweigen…
Herzliche Herbstgrüße vom Lu
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Schade um die süßen Viecher, ich finde sie äußerst gelungen. Klar ist der Mensch ein zoon politikon, aber das heißt ja wohl nicht, dass man jeden Satz und jedes Bild in Richtung Tagespolitik oder Klischeepflege über angebliche Eigenschaften anderer Völker interpretieren muss …… oder soll ……
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Da hast du recht, Myriade. Die Tiere und ihre Darstellung haben ihre eigene Daseinsberechtigung, ein politischer Bezug ist keineswegs zwingend. Dürers Hase wirkt auf mich unmittelbar anrührend. Beim Anschauen des Fotos, das Beuys mit dem toten Hasen im Arm zeigt, laufen hingegen innere Prozesse ab, die ins Politische hineinreichen.
Was mich betrifft, so habe ich die Vögel nicht mit politischer Absicht, sondern naiv und mit viel Spaß gelegt. Und ich freu mich, dass sie dir gefallen. Das ist erst mal die Hauptsache. Die Nebensache: auch in meinen Hirnwindungen kauerte der Text von Brecht, den Jürgen anführt („was sind das für Zeiten …“), …Und das oft so schwierige deutsch-griechische Verhältnis ist ein Dauerbrenner in meinen Eingeweiden. Dagegen hilft am besten Humor.
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Und was sagst du zu meinem Kommentar, Gerda mou?
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nun, er spielt auf den Hippisatz „Make Love not war“ an. Der appelierte an die Wehrpflichtigen der USA, in der Zeit des Vietnamkriegs, und forderte sie auf, den Dienst zu verweigern. Ob er aber auch bei Berufssoldaten und Legionären funktioniert? Die wollen meistens beides: sex and war.
Dass ihr auf Lesbos, der Insel der Sappho, angekommen seid, freut mich. Der helle Sichelmond wird auch euch und das nun kalte, wilde Meer bescheinen. Ich hoffe, es wird nicht zu schlimm für die Flüchtlinge und für euch Helfer.
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