Io durcheilt viel Länder, durchschwimmt viele Meere, immer gejagt von der Bremse, immer gehetzt vom Verlangen, sich mit dem Gott zu vermählen. Sie begegnet furchtbaren Ungeheuern, schließlich auch den einäugigen Arimaspen, die am stillen Goldstrom hausen bei Plutos Gestade*.
Nach dem Schwarzen und dem Roten Meer nun also der Goldstrom. Schwarz-rot-gold. Dort herrscht Pluto, der Gott des Reichtums und der Unterwelt. Aber wo ist das? Wo sind Plutos Gestade, wo ist der Goldstrom? Den Guadalquivir nannte man so, Goldstrom, rio de oro, damals, als das Gold der Azteken Sevilla und Cordoba reich machte. Aber das war ja später, viel später – nun, früher immerhin als jetzt, hier, wo ich dies schreibe, wo du dies liest.
Ist es denn wichtig, wo dieser Goldstrom fließt? Gold gibt es in vielen Strömen, und die Unterwelt liegt überall gleich unter der Oberfläche. Man braucht nur ein wenig zu kratzen und schon öffnen sich die Abgründe, in denen Pluto herrscht.
Manche fragen: Sind Plutos (Πλούτος, Reichtum) und Pluton (Πλούτων, Hades) denn dieselben Gottheit? Ach, Kinder, was klebt ihr an Worten! Pluton ist Hades, dessen Namen man nicht gern aussprach. Pluton ist der Herrscher der Unterwelt, Bruder des Zeus und des Poseidon, alle drei Sprösslinge der Titanen Gaia und Kronos. Pluton (Hades) ist es, der Persephone raubte und zu seiner Gemahlin machte. Plutos (Reichtum) ist spätere Erfindung, ist seine Jugendgestalt. Man brauchte ihn offenbar, weil die Vorstellung nicht mehr behagte, dass Reichtum und Tod sich reimen.
In der Unterwelt lagern die Schätze der Erde. Die Unterwelt ist das Reich der toten Materie, die die Gier des Menschen aufreizt. Die der Mensch haben, besitzen will. Dafür begeht er jedes Verbrechen. Dafür tötet er.
Pluton ist der Herr über die toten Seelen, die dem Golde nachjagen. Pluton, der Herr des Totenreichs, bezieht seine Kraft aus denen, die dem Mammon dienen.
In meinem Bild sitzt Plutos/Pluton in seinem Tempel, der Börse. Ein hässlicher Vogel steht ihm zu Diensten. Im Goldfluss lassen sich tote Seelen erkennen, wenn man will. Io rennt, dem Ruf ihres Herzens folgend, immer Richtung Zeus.
Io kümmert sich nicht um die Schätze, nichts zieht sie zu Pluton. Auch Hera hat sich zurückgezogen. Sie wird nurmehr repräsentiert durch ihr Symbol, den Pfau. Dias – Zeus aber ist omnipräsent, denn nach ihm verlangt Ios Herz und ihr ganzes Sein. Sie hat noch viel Wegs vor sich, bis er sie berührt und ihr Verlangen gestillt wird.
wir Menschen könnten aus der geschichte lernen…… wie anschaulich du erzählst…..
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danke Afrikafrau!
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Wie wundervoll spielerisch und außerordentlich stark führt Du uns hier in die griechische Götterwelt ein, liebe Gerda.
Dieser Satz alleine sagt schon eigentlich alles, was so tief im argen liegt – seitdem es das menschliche Wesen gibt:
Man braucht nur ein wenig zu kratzen und schon öffnen sich die Abgründe, in denen Pluto herrscht.
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